Kuala Lumpur | viel Regen und Riez

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Kuala Lumpur | viel Regen und Riez

Eine Stadt zwischen gestern und heute. Zwischen Luxus und Lack-Ab. Aber trotzdem mit Charme und schönen Plätzen. Und einer Skyline vom Feinsten!

Kuala Lumpur. Wörtlich übersetzt bedeutet der Name: Schlammige Flussmündung. So schlammig war die Stadt gar nicht. Dafür aber ziemlich nass. Ganz schön viel Regen ist in den vier Tagen runtergekommen, in denen wir hier waren. Das hat unsere Aktivitäten natürlich ein wenig eingeschränkt.

Mein Spiel- und Sportplatz für die Zeit in KL. Ob morgens oder abends. Wie kann man das auch nicht nutzen wollen? Und immer dabei der Gedanke: Mann, geht's uns gut!

Mein Spiel- und Sportplatz für die Zeit in KL. Ob morgens oder abends. Wie kann man das auch nicht nutzen wollen? Und immer dabei der Gedanke: Mann, geht’s uns gut!

Bei der Unterkunft haben wir diesmal mehr als richtig gewählt: 19. Stock. Und Blick auf die Wahrzeichen der Stadt. Ein Stockwerk höher Dachterasse und großer Pool. Reiseherz, was willst du mehr?

Der ein oder andere von euch mag sich vielleicht fragen: Wie? Schon wieder Stadt? Grad eben sind sie doch erst aus Singapur raus und hatten auf ihre wehenden Fahnen stehen, dass sie keine Lust mehr auf Stadt haben. Nun ja, recht hat der aufmerksame Leser hier. Das kann ich nicht verneinen. Der Aufenthalt in KL – so nennen die Malaysier die Stadt, deswegen machen wir das auch – war noch Überrest unser spärlichen Planung von zuhause aus. Es war einfach zu schön, sich mit airbnb und anderen Seiten schon mal ein bisschen wegzuträumen.

Shoppen ohne System

Gar nicht so einfach, mit zwei verschiedenen Klo-Systemen. Sitzen oder hocken? Spülen oder Nicht? Wischen oder Waschen? Da braucht's schon ein paar Regeln zum friedlichen zusammenleben.

Gar nicht so einfach, mit zwei verschiedenen Klo-Systemen. Sitzen oder hocken? Spülen oder Nicht? Wischen oder Waschen? Da braucht’s schon ein paar Regeln zum friedlichen zusammenleben.

Deswegen also KL. War jetzt eben so. Und wir haben das Beste draus gemacht. Jedenfalls das Beste, was das Wetter uns erlaubt hat. Für unseren Geschmack haben wir ein bisschen zu viel Zeit drinnen verbracht. Vor allem zu viel Zeit in Shopping-Malls. Aber bei strömendem Regen macht alles andere auch nicht wirklich Sinn. Geschweige denn Spaß.

Mich hat auf dem örtlichen Central Market eine erste Asien-Shopping-Attacke gepackt und ich habe ordentlich zugelangt. Bei den Preisen und den schönen Sachen aber auch selbst für ein halbes Mädchen-Mädchen wie mich sehr schwer zu widerstehen. Und Arvid gefällt meine Beute. Also alles gut.

In dieser Stadt kann man sich auf jeden Fall viel einfacher verlieren und verlaufen als noch in Singapur. Weder die Straßen noch der Nahverkehr scheinen irgendeiner Art von System zu folgen. Aber wir haben immer nach Hause gefunden.

Ein Must-See in KL sind die etwas nördlich der Stadt gelegenen Batu Caves. Das Bild von den langen Treppen mit der riesigen, goldenen Statue daneben hat der ein oder andere von euch vielleicht schon mal gesehen. War auch wirklich toll, die Sache mal in echt zu sehen. Und auch genau so beeindruckend, wie man es erwartet. Das Innere der Höhle war dann leider nicht mehr ganz so sehenswert. Aber vielleicht haben wir die Bedeutung dieses für Hinduisten so wichtigen Ortes auch einfach nur nicht ganz verstanden.

Zum Glück sind wir früh los, denn auch an diesem Tag kam ab Mittag wieder der Regen. Das gute an dem Wetter war, dass die Wolken mit der Skyline so schön und abwechslunsgreich gespielt haben, dass man sich daran nicht satt sehen konnte.


 


 

KL aus einheimischer Sicht

Vielen Dank Riez, für diesen wunder-vollen Tag! Leckeres Essen, tolle Natur, freundliche Menschen und Kultur. Vieles davon hätten wir ohne ihn nicht gesehen!

Vielen Dank Riez, für diesen wunder-vollen Tag! Leckeres Essen, tolle Natur, freundliche Menschen und Kultur. Vieles davon hätten wir ohne ihn nicht gesehen!

Highlight des Aufenthaltes war dann ganz klar der Tag mit Riez. Den hatte Arvid beim Wäsche waschen im Homestay auf Penang kennengelernt. Und er und sein Auto haben sich einen ganzen Tag Zeit genommen, um uns herumzuführen. Wahnsinn! Und wir dürften nichts bezahlen. Das wäre glaub ich eine Art Kränkung gewesen.

Der Tag war so voll, ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Na, vielleicht am Anfang. Erste Station war das wohl beste indische Curry der Stadt. Frisches Roti-Brot und wir als einzige Langnasen. Riez war ein bisschen stolz, uns seinen Freunden vorführen zu können. Bisschen seltsam für uns, aber alle waren so nett.

Nach dem fantastischen Essen ging es aus der Stadt raus. Genauer gesagt auf die Hügel um die Stadt. Dort gab es nicht nur einen tollen Blick über die Stadt, sondern auch Freunde von Riez, die an Ständen die leckersten Sachen verkaufen. Wir wurden empfangen und beachtet wie zwei Helden. Auch wieder etwas unangenehm, irgendwie.

Einer der Stände, von Riez's Freunden: hier gab es frittiertes. Fischbällchen, Krabbenchips, Süßkartoffel-Pommes und für die dommi: frittierte Bananen! Yummy!

Einer der Stände, von Riez’s Freunden: hier gab es frittiertes. Fischbällchen, Krabbenchips, Süßkartoffel-Pommes und für die dommi: frittierte Bananen! Yummy!

Und wir haben das erste Mal einen kulturtechnischen Faux-Pas gemacht. Einer der Verkäufer hatte zwei Töchter. Es wurden Hände geschüttelt und wie selbstverständlich wollte ich ihm und Arvid den beiden Mädchen die Hand geben. Macht man hier aber nicht. So zwischengeschlechtlich. Die Mädchen haben die Hand ignoriert und der Mann hat zum Glück gelacht und gesagt, ich kann es ja nicht besser wissen.

Wie die Mädchen mich begrüßt und verabschiedet haben war allerdings auch etwas besonders. So ehrfürchtig. Nicht nur beide Hände um meine gelegt, sondern auch noch mit der Stirn berührt. Ich weiß nicht, ob das hier so üblich ist oder ein Zeichen von Freude oder Respekt, dass wir diesen langen Weg auf uns genommen haben. Hier laufen nämlich keine Touristen mehr herum. Auf jeden Fall eine Erfahrung.

Air Terjun, Kunststadt und Helikopterlandeplatz

Unsere erste Moschee. Und dann gleich so eine große, neue, beeindruckende - und pinke!

Unsere erste Moschee. Und dann gleich so eine große, neue, beeindruckende – und pinke!

Nächste Station war ein versteckter Wasserfall, mitten im Urwald. Über steile Steinplatten stürzt das Wasser meterweit nach unten. Über mehrere Stufen verteilt, mal flach mal fast senkrecht. Zwischendrin sammelt sich das Nass in kleinen Becken. Und offensichtlich ist eine der Lieblingsbeschäftigungen der örtlichen Jugend, die Steine und Becken als Wasserrutschen zu nutzen. War ein großer Spaß, ihnen dabei zuzusehen. Und als Arvid seine Kamera ausgepackt hat, haben sie natürlich erst richtig losgelegt.

Das war immer noch nicht alles: letzte von Riez angesteuerte Station war Putrajaya. Dies ist eine künstlich angelegte Stadt, in der die Regierung von Malaysia seit einigen Jahren ihren Sitz hat. Sehr artifiziell, das ganze Areal. Aber auch eine besondere Atmosphäre.

Nicht nur ich, sondern auch Arvid musste sich so ein Gewand überziehen. Aber er durfte die Kapuze unten lassen. Haben wir gerne gemacht, wenn die Dinger nur nicht so schwer und warm gewesen wären...

Nicht nur ich, sondern auch Arvid musste sich so ein Gewand überziehen. Aber er durfte die Kapuze unten lassen. Haben wir gerne gemacht, wenn die Dinger nur nicht so schwer und warm gewesen wären…

Hier haben wir auch unsere erste Moschee betreten. Wie es sich gehört ordentlich verhüllt. Drinnen war dank Sonnenuntergang eine einzigartige Stimmung. Dazu hat uns eine kleine, alte und sehr eifrige Frau sehr viel über das Gebäude und den Islam erzählt. Wir haben definitiv viel gelernt.

Ich kann nicht mehr zählen, wie oft an diesem Tag ich Wow! gesagt habe und zum Glück haben wir es geschafft, am Ende des Tages unserem tollen Führer Riez auch noch genau dieses Wort zu entlocken. Denn die letzte Station des Tages haben wir ausgesucht. Einen Ort namens Heli Lounge Bar. Und es ist genau das, wonach es klingt. Eine Bar auf einem ehemaligen Hubschrauberlandeplatz. Wie toll der 360° Blick von oben war, kann ich nicht beschreiben. Man hat auf jeden Fall gemerkt, dass es auch Riez nicht kalt gelassen hat. Hier war er noch nie gewesen, obwohl er seit bald 20 Jahren in der Stadt lebt. Konnten wir also wenigstens ein klein bisschen von dem zurückgeben, was er uns den ganzen Tag beschert hat.

Nächste Station: Insel der Götter!

Auch wenn wir die Zeit in KL versucht haben zu nutzen – immer wieder haben wir uns dabei erwischt, dass wir uns schon an unsere nächste Destination träumen. Bali. Fällt auch schwer, bei diesem Zauberwort nicht gleich an das Paradies zu denken. Ob es diese Erwartungen erfüllen kann werden wir in den nächsten Wochen herausfinden.

Kleine dommi - große Treppe - noch größere Statue. Leider waren der Eingang viel sehenswerter als das Innere der Höhle. Draußen Ruhe, Affen und dieser Blick. Drinnen: Generatorlärm, Souvenirstände und Baugerüste.

Kleine dommi – große Treppe – noch größere Statue. Leider waren der Eingang viel sehenswerter als das Innere der Höhle. Draußen Ruhe, Affen und dieser Blick. Drinnen: Generatorlärm, Souvenirstände und Baugerüste.

Ganz am Anfang unserer Planung waren wir uns nicht mal sicher, ob wir diese unserer Ansicht nach überfüllte und ausgelaugte Insel überhaupt ansteuern sollen. Aber je mehr wir mit Leuten geredet und über Indonesien gelesen haben, desto größer wurde die Neugier. Mit jedem weiteren Wort und jeder neuen Info fühlten wir uns mehr zur Insel hingezogen. Und als wir nun, nach nur zwei Wochen auf Reisen schon gemerkt haben, dass wir nicht ständig umziehen wollen, kam die Idee dann doch auf, schon jetzt einen längeren Stop dort einzulegen. Die Insel bietet eben einfach alles: Strände, Vulkane, Reisterrassen, Urwald, Kunst, Kultur und tolles Essen.

Ihr seht, wir werden langsam besser darin auf uns selber und nicht auf den Man-Müsste-Mann zu hören. Wie lange wir nun auf Bali bleiben, wo es danach hingeht und was der Tag morgen bringt, wird sich zeigen.

Bis bald auf Bali!

Penang | eine Insel mit nem Hügel…

Lesezeit: 7 minuten

Penang | eine Insel mit nem Hügel…

In Singapur haben wir gemerkt, wir wollen nicht Stadt. Wir wollen irgendwie…. was anderes. Vielleicht mit Strand. Aber auch Kultur. Und irgendwie so. Die Wahl viel auf Penang, eine Insel nördlich von Kuala Lumpur. Die Woche in kurz: bergauf, Ruhe und ein beissender Bürgersteig

Typisch deutsch bzw. Reise-Anfänger mäßig waren wir viel zu früh am Busterminal. Zum Glück hatte der Bus nur eine halbe Stunde Verspätung. War also praktisch überpünktlich.

Typisch deutsch bzw. Reise-Anfänger mäßig waren wir viel zu früh am Busterminal. Zum Glück hatte der Bus nur eine halbe Stunde Verspätung. War also praktisch überpünktlich.

Aber zum Anfang. Nachdem wir uns für die Insel entschieden hatten, mussten wir da ja noch irgendwie hinkommen. Da wir ein bisschen zu lange gezögert und überlegt haben, war der einzige Zug leider schon ausgebucht. Fliegen? Zu teuer, zu umweltkaputtmachig – und man sieht so wenig. Also das Transportmittel Nr. 1 der Einheimischen und Backpacker gewählt – den Bus. Aber dann wenigstens die „Luxus-Variante“ für ein paar Euro mehr. Mit extra wenigen und dafür extra breiten Sitzen. Tschüss, Singapur. Wir sehen uns im Februar!

Der lange Weg ist das Ziel

Erstmal hieß es aber noch Spannung statt Entspannung. Denn es gab ja noch eine Grenze zu passieren. Dies lief in etwa so ab: Brücke zwischen Singapur und Malaysia. Eine Brückenseite – alle raus aus dem Bus, einmal laufen, Pass zeigen, wieder laufen, richtigen Bus finden. Bus fährt über die Brücke. Andere Brückenseite: alle raus aus dem Bus (diesmal mit Gepäck), Pass zeigen, Gepäck durchleuchten, wieder laufen, richtigen Bus finden. Sache erledigt. Froh, dass alles reibungslos geklappt hat und wir wieder im richtigen Bus saßen, widmeten wir uns nun der Entspannung. Sitze zurücklegen, Schlafmasken auf und erstaunlich gut schlafen.

Es war wirklich schön, mit den Liegesitzen. Extra weich und viel Platz. Aber es war soooo kalt! Und nicht nur uns! Alle im Bus haben geforen. Die Klimaanlage lief ohne Pause auf höchster Stufe. Verstehen wollen? Haben wir aufgegeben.

Es war wirklich schön, mit den Liegesitzen. Extra weich und viel Platz. Aber es war soooo kalt! Und nicht nur uns! Alle im Bus haben geforen. Die Klimaanlage lief ohne Pause auf höchster Stufe. Verstehen wollen? Haben wir aufgegeben.

Als die Augen das erste Mal Tageslicht erspähen sieht es draußen dann auch schon ganz anders aus als in Singapur. Grüner, hügeliger Dschungel so weit das Auge reicht. Morgengrauen, Nebel. Wunderschön. Bald darauf Häuser, Hütten, Villen und Stände an der Straße. An uns fliegt Alltag vorbei und die Augen können nicht so schnell schauen, wie der Bus fährt. Straßenhunde, interessante Mofa-Konstruktionen und deutlich mehr bekopftuchte Frauen. Wir fühlen uns endlich ein wenig fremd.

Immer mal wieder hält der Bus. Mal zum Pause machen, mal um Leute aussteigen zu lassen. Mal ohne Grund. Wir brauchen also ein wenig, bis wir merken, dass der Busfahrer von vorne aus mit uns redet. Offensichtlich will er uns sagen, dass wir aussteigen sollen. Draußen nur Straße und Rand. Nun gut, er wird schon wissen, was er tut.

Und das hat er auch. Denn nach kurzem, ratlosen im-Kreis-drehen begreifen wir, dass wir an einem Fährterminal aussteigen durften. Ist ja schließlich ’ne Insel, auf die wir wollen. Macht also irgendwie Sinn. Nach Währungsproblemen und Wartezeit setzen wir endlich über.

Hier werden wir auf jeden Fall schon etwas neugieriger beäugt, aus vielen großen und kleinen asiatischen Gesichtern. Die Zahl der Langnasen hat deutlich abgenommen. Und wir verstehen kaum noch, was um uns herum geredet wird. Geschweige denn können wir Schilder lesen. Und auch das allgemeine Sauberkeits- und Zustandslevel der Dinge um uns herum hat ein wenig abgenommen. Fühlt sich immer mehr schön fremd an. Vielleicht nähern wir uns langsam dem Asien unserer Vorstellungen. Oder Erwartungen.

Penang = Asien?

Die nächsten Tage verbringen wir mit einer Mischung aus Sightseeing, Arbeiten, Essen und süßem Nichtstun. Und langsam kommt uns die Sache auch wie ein Urlaub vor.

Ja, wir sind definitiv wirklich im Urlaub. Frische Kokosnuss schlürfen in Georgetown. Dazu Straßenkunst an allen Ecken. Und Tempel. Und Shops. Und Essen. Und Gerüche.

Ja, wir sind definitiv wirklich im Urlaub. Frische Kokosnuss schlürfen in Georgetown. Dazu Straßenkunst an allen Ecken. Und Tempel. Und Shops. Und Essen. Und Gerüche.

Georgetown haben wir uns beide ein wenig anders vorgestellt. Angepriesen wird die Stadt allseits als UNESCO-Weltkulturerbe mit vielen kolonialen Gebäude. Die gibt es auch. Aber viel mehr gibt es postblütezeitliche Bauten aller Art und Größe. Mal schick, mal abgewrackt. Und alles dazwischen. Läden und Stände die alles nur erdenkliche anbieten. Aber häufig nur eine Sache pro Laden. Die dann aber in allen erdenklichen Formen, Variationen, Farben, Dicken oder Größen. Reis, Nähmaschinen, Korbmöbel, Gummireifen, Rohre, Warnschilder, Räucherstäbchen, Lampions . Insgesamt ein ziemliches Durcheinander. An Farben, Kulturen, Religionen, Gerüchen, Küchen und Epochen. Schön hier. Und anders. Viel zu sehen und zu entdecken.

Leider beschließt der Gehweg bei unserer Bushaltestelle am nächsten morgen spontan, meinen Fuß essen zu wollen. Eben stand ich noch geduldig wartend da, (viel anders bleibt einem auch nicht übrig. Fahrplan? Ach ne. Angeschrieben steht, dass der Bus etwa alle 15 bis 20 Minuten kommt. Reicht.) schon war ich eine Etage tiefer und ein paar Schmerzen und Kratzer reicher. Aber von so was lasse ich mich bekanntermaßen ungern abhalten. Wie ziehen trotzdem los und bleiben bei unserem Plan, den 800 Meter Hohen Inselberg zu besuchen. Zum Glück will der Penang Hill nicht zu Fuß erklommen werden, sondern mit einem „funicular train“, also einer Standseilbahn.

Die Aussicht von oben auf die Stadt und die Insel ist wirklich atemberaubend. Noch schöner sind allerdings die 5/6 Grad Temperaturunterschied zu unten. So schön kühl. Nachdem Arvid sich oben die Finger wund fotografiert hat widmen wir uns schnell dem ursprünglichen Plan, 5km bergab zu den Botanical Gardens zu laufen. Ganz tolle Idee, sagt mein Fuß dazu. Wenigstens hat sich der Weg gelohnt. Unten angekommen können wir in schöner Umgebung und nur mit ein paar Affen als Gesellschaft die Ruhe hier genießen.

Tempel, Strand und Schlange(n)

Die Größe dieser Statue rüberzubringen, ist gar nicht so einfach. Hoffentlich helfen euch die beiden fleißigen Fotografen auf diesem Foto, um die richtige Relation zu finden =)

Die Größe dieser Statue rüberzubringen, ist gar nicht so einfach. Hoffentlich helfen euch die beiden fleißigen Fotografen auf diesem Foto, um die richtige Relation zu finden =)

Mein Highlight der Insel war definitiv der Kek Lok Si Tempel. Dabei handelt es sich um den größten buddhistischen Tempel Malaysias. Er erstreckt sich über zahlreiche Ebenen. Es gibt Bänke im Grünen, kleine und große Tempelhallen und vor allem eine riesige Statue, die über dem ganzen Gelände thront.

Gemischte Gefühle was den Ort angeht. Einerseits wirklich faszinierend und beeindruckend. Alleine schon die Größe. Andererseits aber auch sehr künstlich. Kein einziger Mönch zu sehen, dafür viele Souvenir-, Ramsch- und Devotionalienstände. Und eine Menge nicht sehr feinfühlige Touristen.

Zum Abschluss unseres Aufenthaltes haben wir uns noch eine ordentliche Portion Strand gegönnt. Und dabei noch ein richtig tolles Zufallserlebnis gehabt: Eben noch saßen wir in einer Strandbar und haben bei einem Bier langsam das Urlaubsgefühl in uns  sesshaft werden lassen. Und im nächsten Moment haben wir eine Schlange um den Hals. Genau vor unserer Nase platzierte sich eine Art Straßenkünstler. Der Besitzer der Bar rief uns näher, wir sollen uns die Snake-Show nicht entgehen lassen. Und er hatte recht. Erst zog der Schlangenmann eine wunderschöne, schwarz gelbe und harmlose Schlange aus seinem Korb. Etwas scheu waren wir schon, aber zum Glück haben wir uns doch noch getraut, sie um den Hals zu nehmen – so eine Chance darf man einfach nicht ungenutzt verstreichen lassen.

Danach kam aber noch ein weiters Highlight: als nächsten warnte uns der Mann, ein paar Schritte zurück zu treten. Nahm eine Flöte und wie im Film stieg eine Kobra aus dem nächsten Korb. Wirklich ein tolles Erlebnis, und so unverhofft.


 


Essen  Schlemmen wie die Locals!

Geht es passender: beim Schlendern durch den Kek Lok Si Tempel kam Arvid die Frage, welches chinesische Sternzeichen er eigentlich ist. Schlange ist die Antwort. Und noch am selben Abend hat er eine um den Hals. Zufall?

Geht es passender: beim Schlendern durch den Kek Lok Si Tempel kam Arvid die Frage, welches chinesische Sternzeichen er eigentlich ist. Schlange ist die Antwort. Und noch am selben Abend hat er eine um den Hals. Zufall?

Wenn wir ein Fazit ziehen müssten (warum eigentlich?) und es nach so einer kurzen Zeit überhaupt möglich ist, dann würde es wohl positiv gemischt ausfallen. Penang hat unsere Erwartungen erfüllt, was den Asien-Faktor angeht. So nenne ich das jetzt Mal. Wir haben viel gesehen, probiert, gelernt – und auch gelassen. Unser Homestay war auf jeden Fall definitv eine eigene Erfahrung. Während ich diesen Artikel begonnen habe, bereitet eine etwa zehnköpfige indische Familie ein paar Meter weiter gerade ihr Mittagessen zu. Die zwei kleinsten Jungs laufen immer weg, wenn sie mich sehen, strahlen dabei aber übers ganze Gesicht. Das Oberhaupt der Familie begrüßt uns sogar mit einem deutschen „Guten Morgen! Wie geht es?“ und wir bekommen Litschies en Masse aus dem heimischen Garten geschenkt.

Neben dem Tempel bin ich vor allem froh über den Viva Local Food Haven. Bei uns hieße es wahrscheinlich Foodcourt, hier nennen sie es Hawker Center oder so. Viele, viele kleine Stände unter einem Dach. Es gibt alles, von koreanischen Suppen, ganzen Fischen am Spieß, gebratene Nudeln bis zu indischen Samosas. Mit am schönsten ist eigentlich, dass hier kaum Touristen sind. Der Ort vibriert richtig. So voll Leben ist er. Alle kommen her. Man trifft sich. Jeder findet was leckeres. Geile Atmosphäre, ich kann es nicht anders sagen. Dass es dazu noch unglaublich lecker und unglaublich günstig ist, setzt dem ganzen dann noch die Krone auf.

Nirgends haben wir auf Penang besser, abwechslungsreicher und authentischer gegessen. Und unter so vielen Locals. Viele Stände unter einem Dach, in der Mitte sitzt man, jeder sucht sich das aus, worauf er Lust hat. Brauchen wir bei uns auch!

Nirgends haben wir auf Penang besser, abwechslungsreicher und authentischer gegessen. Und unter so vielen Locals. Viele Stände unter einem Dach, in der Mitte sitzt man, jeder sucht sich das aus, worauf er Lust hat. Brauchen wir bei uns auch!

Asienkenner, Alte Hasen und Profis des Reisens werden bei diesen Worten wahrscheinlich ein gutmütiges Lächeln auf den Lippen haben. Ist halt normal hier. Für uns aber noch neu. Deswegen die Freude. Ich wünschte, dieses Konzept ließe sich bei uns auch etablieren. Aber da hat wahrscheinlich allen voran das Hygieneamt was dagegen. Aber das Auswärts-Essen wird hier auch einfach anders wahrgenommen. Viel normaler, weniger Brimborium. Alltag, eben. Asiatischer Alltag.

Nach einer Woche hier fällt der Abschied schon ein wenig schwer. Gerade haben wir uns ein wenig an alles gewöhnt, uns zurecht gefunden und die ersten indonesischen Worte kommen immer lockerer von den Lippen. Aber ich bin mir sicher, auch Kuala Lumpur wird uns gefallen. Und das nächste Hawker Center, das unsere Herzen und Bäuche vor Freude hüpfen lässt, wird sich auch finden! Und es wird wohl einfach bald Zeit, ein bisschen reise-sesshafter zu werden. Länger an einem Ort zu bleiben. Höre ich da Bali rufen?

 

Und die Achterbahn fliegt mit…

Lesezeit: 4 minuten

Und die Achterbahn fliegt mit…

Die Abreise hat meiner Borderline-Achterbahn einen ordentlichen Schwung versetzt. Wie ich versuche, das Tempo wieder zu drosseln; warum ich möchte, dass du deinen Besser-Weg findest und wieso ich noch nicht im Dachterrassen-Pool schwimme? Viele Fragen – ein Artikel voller Antworten.


Wie sagt man doch so schön: egal wo du hingehst, deine Probleme kommen mit. Vor denen kannst du nicht weglaufen. Und manchmal sagt dieses mächtige „man“ sogar die Wahrheit. Aber es ist ja auch nicht so, als hätte ich damit gerechnet, dass mit der Abreise alles heile Welt ist. Das wäre ein bisschen zu sehr Einhörner und Lalaland gewesen.

Nein, nein – die treue Borderline bleibt bei mir. Egal wo ich gehe und stehe. Oder hinreise. Aber die Achterbahn ändert ein wenig ihr Tempo und ihre Streckenführung, wenn ich unterwegs bin. Unbekannt und spannend bleibt die Fahrt in jedem Fall.

Servus Urlaub, Adios Routine – Welcome Chaos!

Gerade nun diese ersten Tage, die wir von zu Hause weg und in Asien unterwegs sind, treiben die Geschwindigkeit sehr in die Höhe. So viel Neues, so viele Eindrücke, so viele Reize, so viel von Allem. Das prasselt alles gerade auf mich ein, ohne dass ich mich an meinen gewohnten Ankern fest halten kann. Meine Selbstfürsorge-Routine aus Sport, Meditation, gesundem Essen & Co lässt sich nicht von heute auf morgen einmal über den halben Erdball bewegen.

Erstmal muss der Körper hier ankommen. Den Jetlag ausschlafen. Mit den ungewohnten Dingen klar kommen, die ich ihm hier vorsetze. Das alleine braucht schon seine Zeit und Energie. Und dann erst der Kopf. Der kann gar nicht so schnell  schalten, wie meine Anspannung gerade vorausrennt. Überhaupt erstmal verstehen, was hier passiert. Dass wir gerade in ein tolles Abenteuer gestartet sind. Für vier Monate. Schon bei einem „normalen“ Urlaub von zwei oder drei Wochen braucht es ein paar Tage, um den Organismus auf Erholungs-Temperatur zu bekommen. Nun sind weder mein Kopf, noch unser „Urlaub“ hier normal. Das macht den Prozess dezent langwieriger und Kräfte zehrender.

Ich weiß, so bald ich mich auf die neue Umgebung und den Zustand des Auf-Reisen-Seins eingestellt habe, wird die Achterbahn wieder etwas harmloser. Vielleicht wieder bekannter. Bis dahin schießt es mich aber wohl noch ein paar Mal ordentlich hin und her, zwischen Ungeduld, Unverständnis und Ärger. Zwischen Trauer, Entsetzen und Mitleid. Zwischen Freude, Neugier und Spaß. Zwischen Liebe und Dankbarkeit für Arvid. Der gerade so viel erträgt. Er ist hier viel mehr noch als zu Hause das einzige Ventil, an dem ich Dampf ablasse.

Ziel ist jetzt also erstmal, die Grundanspannung wieder niedriger zu bekommen. Daran arbeite ich, indem ich nun, da zumindest der Körper schon in Asien angekommen ist, öfter Zeitfenster für mich nehme. Und vor allem dadurch, dass ich und wir uns fragen, was wir gerade wirklich wollen. Und nicht zu sehr nach den verdächtigen man könnte – man sollte – man müsste handeln. Es ist ok, auch mal bis Mittags zu schlafen, wenn der Körper das braucht. Es ist ok, kein Interesse für gewisse Dinge zu haben. Auch wenn alle anderen dem Reiseführer nach dorthin rennen. Es ist ok, eine Sache blöd zu finden, von der die Mehrheit angetan zu sein scheint. Nach ein paar Tagen haben wir angefangen, uns weniger Druck zu machen. Für wen auch? Oder für was? Gute Entscheidung!

Besser, Bessererer, am Bessesten

Wenn der Start von THE|trip mich nun so aus der Bahn geschleudert hat, warum lege ich dann aber so viel Wert darauf, zu betonen, dass Reisen mir gut tut? Dass es mir nie besser geht? Besser ist eben ein sehr individuelle Sache. Besser hat für mich viele Komponenten. Angefangen dabei, dass ich etwas tue, was ich liebe. Reisen.

Besser heißt für mich, nach meiner eigenen Nase zu leben. Besser heißt für mich, meinen eigenen Weg zu gehen. Nicht in Lauerhaltung leben. Besser heißt für mich, mir selber das zu geben, was ich brauche. Auf mich zu hören.

Besser heißt für mich, an mir zu arbeiten. Meine Ansichten und Meinungen zu prüfen. Mir selber Entwicklungsmöglichkeiten zu verschaffen.

Besser heißt für mich, nicht zu viel Zeit mit Dingen verbringen zu müssen, die mich nicht vorwärts bringen. Die nirgendwo hin führen.

Vor kurzem bin ich über ein Zitat gestolpert, das mir sehr gut gefallen hat. Leider weiß ich es nicht mehr so ganz genau, aber es stand in etwa darin, dass viele Menschen auf diesem Planeten froh wären, Dinge tun zu müssen, über die wir uns beschweren. Hat mich zum Nachdenken gebracht. Wir selber sind halt der beste Punkt, an dem wir ansetzen können, wenn wir etwas verändern wollen. Deswegen heißt Besser für mich auch, zu versuchen, das Beste aus jedem Tag rauszuholen.

In meiner Küche steht in großen Buchstaben Change It – Leave It – Or Love It. Passt ganz gut dazu. Weniger beschweren, lieber aktiv verändern. Oder akzeptieren. Dann kann einiges ganz schnell ein Stückchen besser werden.

Und: Mein Besser muss nicht jedermanns Besser sein. Besser kann für dich ganz anders aussehen. Besser hat wahrscheinlich so viele Gesichter, wie es Menschen auf der Welt gibt.

Mein Besser fühlt sich gerade auf jeden Fall ziemlich gut an. Ich sitze in Kuala Lumpur, auf dem Dach unserer Unterkunft, Sicht auf die nächtliche Skyline, die Petronas Towers, der große Outdoor-Pool direkt neben mir wartet nur darauf, dass ich diesen Post für euch endlich fertig stelle. Ich wünsche mir, dass viele Leute anfangen, sich häufiger zu fragen, warum und für wen sie machen, was sie gerade machen. Welche Motive dahinter stecken. Und sich auf die Suche nach ihrem eigenen Besser machen.

Wo geht’s lang? Weiter!

Bei dieser Suche nach dem Besser taucht natürlich auch traveling | the | borderline mit auf. In den letzten Tagen habe ich viel Kopfarbeit geleistet und mich gefragt, wohin das Ganze führen soll. Was mein Besser in dieser Hinsicht wäre. Ganz unabhängig von Realismus oder Pessimismus. Und ich merke, dass mein Engagement für die Borderline Persönlichkeitsstörung auf jeden Fall einen großen Beitrag zu meinem persönlichen Besser leisten kann. Vor allem, wenn ich damit das Leben von anderen Betroffenen auch mit besser machen kann.

Das Reisebloggen, in das ich gerade ein wenig hineinschnuppere, ist wirklich toll. Ich es liebe, euch an unserem Abenteuer teil haben zu lassen. Aber mir wird auch mehr und mehr klar, dass mich diese Tätigkeit nicht durch ein ganzes Leben tragen kann. Jedenfalls nicht solo. Vielleicht auch, als Unterstützung oder Ausgleich. Aber irgendwann würde ich mir zwangsläufig Fragen stellen: Wofür das alles? Was ist der Sinn dahinter? Ist das Besser?

Da freue ich mich lieber, dass ich meinen Borderline-Joker habe. Denn der treibt mich an. Mit jedem Tag merke ich, wie sehr ich möchte, dass die Welt ein bisschen freundlicher auf psychische Erkrankungen schaut. Viele Gedanken, wie ich die Sache ein Stück weiter bringen kann, jagen durch meinen Kopf und genießen die Achterbahnfahrt. Wer könnte mir helfen? Wie finde ich andere Betroffene, die mit ich auf meine Seite ziehen kann? Wie erreiche ich mehr Menschen? Wo finde ich Unterstützung?

Aber zu weit voraus will ich noch gar nicht denken. Denn wer mich kennt der weiß, dass ich glaube alles kommt, wie es kommen soll. Und so genieße ich für den Moment den Ausblick. Diese Reise. Die Zeit mit Arvid. Das Neue. Und springe jetzt endlich in den Pool. Erst das Schreiben, dann das Schwimmen! Selbstfürsorge Ahoi!

Singapur | ordentlich. teuer.

Lesezeit: 6 minuten

Singapur | ordentlich. teuer.

Eine Stadt in den Wechseljahren. Keine Fahrräder, Hunde oder Dreck. Dafür Kameras, Regeln und ein Feeling wie in „1984“. Viel Asien erwartet uns hier noch nicht. Asien light beschreibt es dagegen ganz gut. Hat Vor- und Nachteile im bekannten Unbekannten zu starten.

Orchard Road bei Nacht | Lichtspektakel & Konsumwahnsinn

Spaziergang über die Orchard Road am ersten Abend. Malls und Weihnachtsdeko leuchten um die Wette. Das macht die Stimmung recht schön. Bei Tageslicht sieht die Sache dann leider ganz anders aus.

Noch ist THE|trip keine Woche alt – und endlich schaffe ich es, euch einen ersten BlogPost zu überbringen. Die ersten Tage waren so voll Jetlag, Ankommen und Reinfinden, dass kaum Zeit und Energie für RechnerArbeit war. Dafür jetzt.

Singapur also. Gut, heil und voller Erwartungen gelandet. Danke, liebe Qatar, für diesen wirklich wundervoll ruhigen, entspannten und bequemen Tranport über den halben Erdball. Nur zu empfehlen.

Ich muss zugeben, zum Eingwöhnen ins Reiseleben haben wir in Singapur keine großen Abenteuer gewagt. Sondern uns eher an ausgetretenen Touri-Pfaden entlang gehangelt. Von der Mega-Mall-Meile Orchard-Road über Chinatown mit buddhistischem Tempel bis zum entspannten Grün und einem tollen Ausblick an der Marina Bay. Bevor ich euch darüber trocken zuschreibe, lasse ich Bilder samt Unterschriften lieber für sich sprechen.

Kulturtausch in Perfektion

Beim Gang durch die Stadt und ihre Läden fällt mir auf jeden Fall auf, wie paradox die Globalisierung unsere Welt verwoben hat. Hier scheint man an jeder Ecke und Kante den westlichen Lebensstil zu idealisieren. Restaurants und Essensstände, die westliches Essen anbieten, sind deutlich besser besucht als die Anbieter asiatischer Küche. Von Locals, nicht von Touris. In den Drogerieabteilungen gibt es Regale voller Produkte, welche die Haut weißer machen. Auf den Plakaten präsentieren fast ausschließlich langnasige Models Marken und Waren. European und Western scheinen Zauberworte zu sein.

Bei uns in Deutschland scheint mir die Sache genau anders herum zu funktionieren. Alles was asiatisch ist, wollen wir. Achtsamkeit, Meditation, Buddhismus, Zen, Yoga, Sushi und Co sind extrem angesagt. Gerne möchten wir diese Dinge in unserem Leben haben. Der Mensch strebt wohl einfach gern nach dem, was er nicht hat. Ich schließe mich da nicht aus.

Ein bisschen macht mir das Angst. Wenn ich bedenke, wie es in dieser Stadt wohl vor 20 Jahren ausgesehen hat. Und dann heute. Wie sieht es wohl in weiteren 20 Jahren aus? Ich vermute, dass die Unterschiede und Eigenheiten – zumindest aus den Städten – immer mehr verschwinden werden und man irgendwann überall auf dem Planeten ohne Probleme die gewohnte Zahnpasta und das Lieblingsessen finden wird. Da wird wohl viel verloren gehen für den Preis von weltumspannenden Widererkennungswerten.

Open-Air-Dusche und alles schön sauber. Das macht das Ankommen leicht.

Open-Air-Dusche und alles schön sauber. Das macht das Ankommen leicht.

Wechseljahr-Simulator

Man erwartet es, aber trotzdem sind wir überrascht: die Klimaanlagen. Es ist faszinierend. Ich kann verstehen, dass man nicht überall schwüle 30 Grad und mehr ertragen möchte. Aber warum sämtliche Innenräume auf 20 oder gar 18 Grad runtergekühlt werden müssen – das will noch nicht so richtig in meinen Kopf. Klingt im ersten Moment nicht kalt, aber im Gegensatz zu den Außentemperaturen haut es uns jedes Mal um. Rein – Raus – Rein – Raus | Kalt – Heiß – Kalt – Heiß.

Arvid ämusiert sich köstlich, wenn wir eine Mall, einen Laden, einen Bahnhof oder ähnliches verlassen und uns estmal ausziehen. Beim Rausgehen. Kennen wir irgendwie anders von daheim. Wir wissen noch nicht, ob unsere Körper sich bald daran gewöhnen werden. Die Einheimischen lassen sich auf jeden Fall nichts anmerken. Eine meiner Theorien ist, dass die Stadt will, dass man nie zu lange an einem Ort bleibt. Zu warm draußen, also schnell rein, wo es kühl ist. Zu kühl, also schnell wieder raus, da ist es wärmer.

George Orwells Traumstadt

Und wo wir gerade dabei sind: die Stadt scheint so einiges zu wollen. Dass es hier viele Verbote gibt, liest man vorher oder bekommt es erzählt. Wie ausgeprägt diese Verbotswelt allerdings ist, begreift man erst, wenn man durch die Straßen geht.

Arvid hat passende Parallelen zum Roman „1984“ gefunden: Wir geben dir die perfekte Stadt. Wir regeln alles für dich. Sauberkeit, Ordnung, Verhalten. Im Gegenzug darfst du nur nicht gegen unsere Regeln verstoßen. Aber auch das übernehmen wir. Wir achten auf dich. Immer. Und überall.

Ja, dieser Mann wischt den Gehweg.

Ja, dieser Mann wischt den Gehweg.

Denn es sind tatsächlich überall Kameras. Und jeden Tag lernt man neue Verbote kennen. Nicht überall rauchen ist verständlich und bekannt. Keinen Kaugummi kauen kennt man aus dem Reiseführer. Aber dass auch Haustiere verboten sind, bestraft wird wer die Toilette nicht spült und praktisch nirgendwo gegessen und getrunken werden darf – daran muss man sich gewöhnen. Die Angst, irgendetwas falsch zu machen, wird zum ständigen Begleiter. „Küssen? Dürfen wir das hier im MRT? Lieber lassen.“ Denn die Strafen sind ja auch nicht gerade läppisch. Von mehreren Hundert Singapur Dollar bis zu mehreren Jahren im Gefängnis. Muss man ja nicht alles ausprobieren.

Das Ganze führt in jedem Fall zu einem wirklich fast makellosen Stadtbild. Allerdings kommt einem die Abwesenheit von Fahrrädern und Vierbeinern auch irgendwie komisch vor. Selbst der Verkehr ist so gut durchorganisiert, dass es trotz 5 Millionen Einwohnern keine Staus gibt. In den öffentlichen Nahverkehrszügen ist deutlich markiert, wo man zu stehen und zu gehen hat. Überall gibt es Wachleute, Aufpasser und Security. Echte Polizei haben wir – vor den Kameras – dafür praktisch keine gesehen.

 

Fazit: Asien Light – Singapur Light

Unsere Meinung über ist daher auch gemischt. Es ist eine Großstadt wie viele andere. Allerdings mit viel Grün und einer wirklich bunten Kultur und Gesellschaft. Verschiedenste Religionen und Weltanschauungen, Generationen und Lebensvorstellungen treffen aufeinander. Jeder darf sein und machen, wonach ihm ist. Solange es gegen kein Gesetzt verstößt.

Vieles hier ist noch bekannt. Englisch ist quasi Stadtsprache, zwar neben drei anderen offiziellen aber im Alltag bzw. in der Innenstadt sieht und hört man kaum andere Wörter. In den Läden kennt man mindestens 80% der Marken. Was wirklich schade ist, nachdem man doch immerhin den Globus ein gutes Stück unter seien Füßen bewegt hat. Auch bei den Preisen muss man sich noch nicht allzusehr umgewöhnen. Die Stadt ist für asiatische Verhältnisse sehr europäisch. Also teuer – da freut man sich dann wieder aufs Weiterreisen. Ins „richtige“ Asien.

Noch können wir wählen zwischen sitzen und hocken | die Frage nach der hygienischeren Lösung stelle ich nicht

Noch können wir wählen zwischen sitzen und hocken | die Frage nach der hygienischeren Lösung stelle ich nicht

Auf der anderen Seite macht einem der gewohnte Komfort das Ankommen natürlich etwas leichter. Auch wenn er den eigentlichen Asien-Kultur-Schock nur um ein paar Tage nach hinten verschiebt. Wir versuchen uns schon mal an einige Dinge zu gewöhnen, die uns in den nächsten Wochen das Leben leichter machen werden. Zähne putzen nicht mit Leitungswasser, vorsichtiger werden beim Essen werden und ein Gespür für die Menschen hier zu bekommen.

Klar ist, dass wir nach nur drei Tagen hier die Stadt nur sehr oberflächlich kennen lernen konnten. Mein Gefühl sagt mir aber, dass es eigentlich zwei Singapurs gibt:

Einmal das schöne, neue, glänzende Singapur der Wolkenkratzer und High-Society. Schein zählt mehr als Sein. Deine Adresse, dein Auto und deine Kleidung müssen stimmen, damit du auf die schönen Dachterassen eingeladen wirst.

Vorne Hui - hinten Pfui. Die Rückseite der Touri-Fress-Meile am Clarque Bay.

Vorne Hui – hinten Pfui. Die Rückseite der Touri-Fress-Meile am Clarque Bay.

Wer als Tourist das entsprechende Kleingeld hat, kann für seinen Aufenthalt Teil dieses Singapurs werden.

Und dann das andere Singapur. Dass der Arbeiter und normalen Leute. Die zwar durch die selben Straßen gehen wie die Oberen, aber in einer eigenen Stadt leben. Die Welten treffen sich, wenn die Kleidung, das Auto oder der Pool gereinigt werden muss. Ansonsten gibt es nicht viele Schnittstellen.

Von diesem zweiten Singapur hätte ich gerne mehr gesehen. Denn ich vermute, dass ich mich dort um einiges wohler fühlen würde, als im perfekten Glanzpalast, der die Stadt so gerne sein möchte. Allerdings hilft Geld hier nicht. Um Teil dieser „Subkultur“ zu werden, braucht es die richtigen Menschen. Leider haben wir diese bei unserem ersten Aufenthalt noch nicht gefunden. Aber wir haben ja noch eine zweite Chance, wenn wir wieder abfliegen.

Blick zurück in die Zukunft

Und auch darauf sind wir schon sehr gespannt. Wie der zweite Aufenthalt in vier Monaten in Singapur wohl sein wird. Werden wir uns darauf freuen, in eine „richtige, saubere, westliche“ Stadt zu kommen? Werden wir extra lange hier verbringen wollen? Oder werden wir genervt sein von der Aussicht, in diese 1984-Stadt zurückzukehren und den Aufenthalt so kurz wie möglich halten?

Werden wir zurück blicken und sagen „Weiß du noch, damals, wie doof wir uns angestellt haben? Kannst du glauben, dass wir dies und das gemacht haben?“

Reist mit uns und ihr werden die Antwort vielleicht sogar früher wissen, als wir selber.

BPD Symptome erklärt | N°4

Lesezeit: 5 minuten

Ich will das jetzt! Ich brauch das jetzt! Ich mach das jetzt!

BPD Symptome erklärt | N°4

In der Reihe BPD Symptome erklärt möchte ich euch nach und nach anhand der „offiziellen Kriterien“ des DSM die Symptome der Borderline Persönlichkeitsstörung vorstellen. Wie bei allen Beiträgen auf meiner Seite gilt: hier geht es um meine Welt, um meine Erfahrungen, um meine Ansichten. Wenn ihr Ergänzungen habt, könnt ihr diese gerne per Mail oder in den Kommentaren mit mir und allen Lesern teilen. Einen Überblick über die Symptome findest du im Grundkurs Borderline. Nun also zu Kriterium N°4:

Starke Impulsivität in mindestens zwei möglicherweise selbstschädigenden Bereichen, zum Beispiel Geldausgeben, Sexualität, Substanzmissbrauch, rücksichtsloses Fahren, zu viel oder zu wenig essen.

Trinken um den Selbsthass ertragen. Essen um die Anspannung zu regulieren. Kaufen um die Trauer zu bekämpfen. Und das regelmäßig. Und unkontrolliert. Mechanismen, die teuflischerweise extrem gut funktionieren. Obwohl sie Körper, Psyche und Beziehungen langsam und stetig kaputt machen.


Zu allererst: hierbei geht es (noch) nicht um selbstverletztendes Verhalten. Denn das ist ein eigenes Symptom und als nächstes in der Reihe dran. Hierbei geht es wirklich darum, Dinge zu tun, die einfach nicht klug sind. Und darum, das auch prinzipiell zu wissen – aber in dem Moment einfach nicht anders zu können. Und auch darum, es hinterher gerne zu bereuen. Oder sich dafür zu hassen.

Am ausgeprägtesten trage ich diesen Kampf mit dem Alkohol aus. Oder habe es getan. Darüber hinaus habe ich aber auch immer wieder das Kaufen von Dingen, das eindeutig zu rücksichtslose Fahren und die Menge des Essens, das ich zu mir nehme, instrumentalisiert.

Aber warum und was steckt dahinter?

Kontrolle bitte zu mir! Die Kontrolle bitte!

Ganz kurz und knapp: diese Handlungen dienen dazu, irgendetwas in mir drin zu regulieren, zu kontrollieren oder zu ignorieren. Gefühle oder Gedanken. Dinge, mit denen ich nicht klar komme. Und auch dazu, die Anspannung in den Griff zu bekommen.

Ich bin mir sicher, viele von den Verhaltensweisen oben kennst du. Mal kauft man ein T-Shirt, dass man sich eigentlich gar nicht leisten kann. Und auch nicht braucht. Es passiert, dass man hinterm Steuer schimpft – mal ein wenig oder auch mal ein wenig mehr. Am Esstisch schlägt man über die Strenge – währenddessen ist es toll, danach fühlt man sich manchmal nicht mehr so toll. Oder Rauchen – ich tue es zwar nicht, weiß aber das viele es zum Runterkommen oder Entspannen nutzen. Ich habe es schon oft gesagt, aber es gilt auch hier wieder: mulitpliziere das dir bekannte nun mit hundert, und dann haben wir das Problem.

Mal ein wenig über die Verhältnisse zu leben, mal zu viel zu trinken, mal zu viel zu essen ist nicht schlimm. Wenn es jedoch regelmäßig vorkommt, ist das nicht mehr so harmlos. Ich habe Betroffene kennengelernt, die haben sich in den finanziellen Ruin gebracht; mit Shoppen oder Spielen. Andere balancieren am Rand einer Essstörung. Oder haben schlimme Verkehrsunfälle verursacht.

Das fiese für mich ist, was eigentlich dahinter steckt: Dir geht es nicht gut. Dann merkst du (zufällig) dass es etwas gibt, dass dir hilft. Das macht, dass es dir ein bisschen besser geht. Ob das nun Shoppen, Essen, Hungern, Schnelles Fahren, Trinken oder andere Drogen sind. Und mit der Zeit verlierst du die Kontrolle darüber, wann du es einsetzt. Von der Einmal- wird es zur Dauerlösung. Der Impuls, genau diese Sache jetzt zu brauchen, zu wollen, zu machen wird immer stärker, kommt immer öfter – und du wirst immer hilf- und machtloser. Und da du auch keinen anderen oder gar besseren Weg kennst, da rauszukommen, machst du es halt.

Gesunde Menschen können hier einen Riegel vorschieben wenn es zu viel / zu oft / zu stark wird. Sozusagen das Stoppschild hochhalten. Bei Menschen mit Borderline Persönlichkeitsstörung kommt hier aber die mangelnde Affektkontrolle ins Spiel. Der Impuls ist da also wird er bedient.

Diese Sachen zu brauchen, obwohl du weißt, dass sie dich auf irgendeiner Art und Weise kaputt machen, fühlt sich fast noch schlimmer an. Am Anfang denkst du darüber noch gar nicht nach. Du bist einfach nur froh, dass es etwas gibt, das funktioniert. Aber spätestens als ich mich in der Therapie immer mehr mit mir und meinen Angewohnheiten beschäftigt habe, desto klarer wurde mir, dass ich fleißig dabei bin mich selber zu zerstören. Leider ist diese Erkenntnis noch nicht gleichzusetzen mit einem Ende.

Sucht oder Ja?

Bei vielen Betroffenen gehen die selbstschädigenden Verhaltensweisen auf jeden Fall irgendwann in eine suchtähnliche Richtung. Ich finde den Vergleich von Minisüchten gar nicht so schlecht. Obwohl Mini eigentlich das falsche Wort ist. Denn das Ganze kann sich auswachsen zu eigenen Krankheiten. Nicht umsonst kommen Spiel- und Drogensucht sowie Essstörungen sehr häufig als komorbide Diagnosen bei Borderlinern vor.

Der Unterschied zu „klassisch“ Süchtigen ist meiner Meinung nach, das gezielte Einsetzen verschiedener selbstschädigender Dinge um verschiedene Gefühle zu regulieren. Wenn es uns Betroffene mal wieder von jetzt auf gleich zwischen unseren Emotionen hin- und herschiesst, wollen und brauchen wir eben auch schnelle Lösungen. Dann hilft es nicht zu sagen „Ich gönne mir heute Abend ein Bad.“ Nein – es muss jetzt sein. Jetzt! Sofort! Jetzt halte ich die Trauer nicht aus – also trinke ich. Jetzt überwältigt mich der Schmerz – also kaufe ich mir was.

Meine Erfahrungen

Essen funktioniert bei mir in zweierlei Hinsicht: zu wenig ist super, wenn ich mich „bestrafen“ will. Das leere Gefühl im Bauch, das Knurren des Magens – scheint zu sagen: „Recht so. Genau das hast du verdient.“ Andersrum kann Essen aber auch dazu dienen, ein gutes Gefühl hervorzurufen. Eine leckere Pizza, schön Schokolade – wenn es sonst nichts gibt, was mich glücklich macht dann wenigstens über die Nahrung ein paar positive Gefühle provozieren. Beides habe ich allerdings nicht oft, sondern nur in extremen Zeiten angewendet. Insgesamt muss ich sagen, dass ich mittlerweile ein sehr gutes Verhältnis zum Essen habe. Ich weiß, was mein Körper braucht und möchte es ihm auch gerne geben. Denn für den Einsatz, den er täglich bringt, hat er nur das Beste verdient.

Nächstes Thema: Riskantes Fahren. Ja, das gab es. Definitv. Oft. Und dieses Verhalten macht mich besonders wütend an mir selber, weil es so potentiell fremdschädigend ist. Zum Glück ist nie was passiert. Da war wohl manchmal eine Armada an Schutzengeln nur dazu abgestellt, um mich herumzufliegen. Mittlerweile bin ich vielleicht noch immer nicht die tiefenentspannteste Fahrerin, aber kein Vergleich mehr zu früher.

Und dann der Alkohol: definitiv mein stärkstes Lösungsmittel. Oft genutzt, lange erprobt, erfolgreich getestet. Für und gegen alles. Gefühle, Gedanken, Anspannung – name it, I did it. Wenn ich noch ein paar Jahre so weitergemacht hätte, wie ich es in meinen schlimmsten Zeiten getan habe, dann wäre das Ende nun mittlerweile definitiv nah. Oder sogar schon erreicht. Hier zeigt sich aber auch wieder der – meiner Meinung nach – vorhandene Unterschied zu einer reinen Alkoholabhängigkeit: sobald ich mich für die stationäre Aufnahme in der Klinik entschieden hatte, habe ich keinen Tropfen mehr getrunken. Ohne Probleme. Ohne Zittern, Schwitzen, Krampfanfälle oder ähnliches. Von heute auf morgen. Kein Ding.

Blöd oder unschön ist auch, wenn man die verschiedenen Mechanismen gegeneinander ausspielt oder gar kombiniert. Zum Beispiel: ich habe jetzt zu viel Alkohol getrunken, also viele Kalorien zu mir genommen – deswegen esse ich jetzt nichts.

Was tun?

Erkennen ist wohl auch hier der erste Schritt in Richtung Besserung. Je nachdem wie stark der Kontrollverlust gegenüber der Angewohnheit ist, wird es ohne professionelle Hilfe schwer. Hier können Angehörige wieder unterstützen, indem sie den Betroffenen nicht für seine Angewohnheiten verachten. Oder ihn darin unterstützen. Von außen ist oft leichter zu erkennen, ob es noch nur eine schlechte Marotte ist, oder schon gefährlich wird.

Je näher das ganze Richtung ausgewachsener Sucht geht desto wichtiger ist, sich Hilfe von außen zu holen.

Ich habe selber erstmal probiert, das Ganze alleine in den Griff zu bekommen. Ging auch irgendwie. Aber nur bis zur nächsten Krise. Dann war alles wieder wie vorher. Erst als ich in der Therapie gelernt habe, warum ich gewisse Dinge mache und was überhaupt mit mir los ist, konnte ich an den eigentlichen Ursachen arbeiten. Das war nicht schön, aber heute bin ich froh, dass ich mich da durch gekämpft habe. Meinen Dämonen sozusagen in die Augen gesehen habe. Und ich hab nicht als erste weggeschaut.

Jetzt möchte ich euch vor allem Mut machen: man kann lernen, die selbstschädigenden Sachen durch harmlosere zu ersetzen. Bessere Alternativen finden. Den Impulsen nicht mehr so hilflos ausgesetzt sein. Zum Schluss lasse ich gerne Mark Twain zu Wort kommen:

Eine Angewohnheit kann man nicht aus dem Fenster werfen. Man muss sie die Treppe hinunter prügeln. Stufe für Stufe.