BPD Symptome erklärt | N°7

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BPD Symptome erklärt | N°7

In der Reihe BPD Symptome erklärt möchte ich euch nach und nach anhand der „offiziellen Kriterien“ des DSM die Symptome der Borderline Persönlichkeitsstörung vorstellen. Wie bei allen Beiträgen auf meiner Seite gilt: hier geht es um meine Welt, um meine Erfahrungen, um meine Ansichten. Wenn ihr Ergänzungen habt, könnt ihr diese gerne per Mail oder in den Kommentaren mit mir und allen Lesern teilen. Einen Überblick über die Symptome findest du im Grundkurs Borderline. Heute geht es zu Kriterium N°7:

Andauerndes Gefühl der inneren Leere.

Neben der Anspannung ist die Innere Leere eines der charakteristischsten Symptome für die Borderline Persönlichkeitsstörung. Und mit am schwersten zu beschreiben. Ich versuche es trotzdem Mal.


Wie schon im Teaser geschrieben – dieses Symptom ist schwer zu beschreiben. Noch schwerer, als all die anderen wahrscheinlich. Deswegen hab ich mich vielleicht auch ein wenig davor gedrückt.

Wie soll man Nichts in Worte fassen?

Einmal habe ich bereits versucht, bzw. angefangen die Leere zu beschreiben. Beim vorletzten Symptom, der N°5 | Selbstverletzung. Dort habe ich geschrieben:

Und warum nun das ganze? – Um die innere Leere füllen | Ein weiteres zentrales Symptom von Borderline ist das anhaltende Gefühl innerer Leere. Da ist einfach nichts. Der Körper ist wie eine Hülle. Und man versteht nicht, wie das sein kann. Egal wie sehr man in sich reinschaut, der Scheinwerfer findet nichts zum Beleuchten. Und je mehr und verzweifelter man sucht, desto weniger ist da. Das kann bis zu einer Art Panik führen. Und dann will man Bestätigung. Dass man am Leben ist. Dass man keine leere Hülle ist. Dass da etwas in einem drin ist. Also macht man auf, und schaut nach.

Das möchte ich auch so stehen lassen. Aber seit ich mich in den letzten Tagen mehr mit dem Thema auseinandergesetzt habe, muss ich erkennen, dass eigentlich noch viel mehr dahinter steckt. Und ich in diesem Absatz nur an der Oberfläche der Leere gekratzt habe.

Auf der Suche nach einer guten Beschreibung habe ich mich auch mal ein bisschen umgesehen, ob vielleicht jemand anders das Dilemma in gute Worte gepackt hat.

Auf www.borderline-borderliner.de habe ich folgendes gefunden:

Viele Borderliner spüren oft eine innere Leere und Langeweile, die auf Dauer zu einem Verlust des Selbstwertgefühls führen können. Diese Leere oder Langeweile kommt manchmal plötzlich, obwohl kurz zuvor das Leben noch ausgefüllt schien. Durch die Unfähigkeit, alleine sein zu können und zusätzlich dem Gefühl der Leere und Langeweile bekommt ein Borderliner schnell das Gefühl, daß nur andere das Leben sinnvoll machen können.

Beim borderline-spiegel schreiben sie

Es ist schwer für gesunde Menschen sich vorzustellen wie sich diese Leere im Körper anfühlt, denn es gilt als normal das man immer Zugriff auf seine Emotion hat, doch bei einer Borderline-Persönlichkeit ist diese Leere leider ein häufig anzutreffender Zustand. Ich würde sogar soweit gehen zu behaupten, es ist die beständigste Phase im Leben eines Borderliners.

Beispiel eines Dialoges der dieses Dilemma anschaulich erklärt:

Therapeut: „Wie geht es Ihnen heute?“

Patient: „Gut, etwas Müde!“

Therapeut: „Oh gut, dann beschreiben sie mir doch einmal…wie fühlt sich diese Müdigkeit an, wo fühlen sie sich Müde!

Der Patient versucht nun in sich zu schauen und diese Müdigkeit zu fühlen, ist jedoch nicht dazu in der Lage. Es ist als würde er auf einem weißen Blatt Papier nach einem Text suchen der dort angeblich stehen soll. Weil er unfähig ist zu Fühlen hat er das Gefühl der Müdigkeit durch seinen Verstand erklärt und deswegen entsprechend geantwortet. Da er nur wenige Stunden geschlafen hat ging sein Verstand davon aus das er Müde sein müsste… er ist es vermutlich auch, aber er kann es nicht wahrnehmen.

Da in dieser Leere keine Freude und somit auch keine Lust auf das Leben möglich ist, kommt es in dieser Phase vermehrt zu dysfunktionalem Verhalten wie Selbstverletzungen, Hochrisikoverhalten oder sogar Suizid.

Alle drei Abschnitte zusammen genommen ergeben schon mal eine gute Annäherung. Außerdem habe ich auf Life in a Bind einen sehr guten Artikel zum Thema gefunden. Ich kann nicht alles unterschreiben, was die Autorin dort aufführt, finde den Artikel aber definitiv sehr lesenswert. (Leider) Auf Englisch.

Sie verfolgt dort einen eigenen Ansatz, der Leere auf den Grund zu gehen und zu schauen, was genau sich dahinter eigentlich verbirgt. Kurz habe ich überlegt, ob ich ihren Ansatz ins Deutsche übersetze – aber so weit wie sie bin ich wohl noch nicht. Im Verstehen der Leere.

Tschüss Leere – Hallo Volle!

Und ich muss ein bisschen aufpassen. Denn noch schwerer, euch das Gefühl der inneren Leere nahezubringen macht es mir die Tatsache, dass ich mit diesem Symptom immer weniger zu kämpfen habe. Seit ich angefangen habe, mich mit meiner Krankheit zu beschäftigen, seit ich Therapie mache und auf mich achte – hat die Leere kaum noch eine Chance.

Während ich hier nun schreibe, versuche ich mich daran zu erinnern, wie sich diese Leere angefühlt hat. Aber sie ist unmöglich aus dem Nichts heraufzubeschwören – und es wäre auch das Letzte, was ich möchte. So umkreise ich das Thema, möchte zurück ins Symptom, ohne es wiederzubeleben. Möchte nicht alle Fortschritte über den Haufen werfen, nur um einen guten Artikel zu schreiben.

Mein Bild über mich hat sich geändert. Nicht nur, was das Äußere betrifft. Sondern auch und vor allem wenn es um mein Innenleben geht. Seit ich mich mit meinen Gedanken, Gefühlen und allem, was da noch so in mir drin herumwuselt, beschäftige, habe ich erkannt, dass da alles andere ist – aber keine Leere.

Es sind nicht nur schöne Sachen, die ich da finde. Aber auch. Ich habe einen besseren Zugang zu mir gefunden. Laufe nicht mehr ständig vor Sachen weg, ohne eigentlich zu wissen, vor was ich weglaufe.

Immer noch gibt es Momente, wo ich meinem Innenleben keinen Namen geben kann. Nur weiß, dass ich gerade etwas fühle, aber nicht genau was. Mit meiner Therapeutin habe ich angefangen, hinter die Gedanken, Mechanismen und Reaktionen zu schauen, die sich immer wiederholen. Ich verstehe mehr, warum ich was wie mache, denke oder fühle. Und je mehr ich verstehe, desto weniger Chancen hat die Leere wohl.

Was tun?

Ich muss den Tenor des ganzen Artikels auch hier weiterführen: Ich kann euch keine konkreten Tipps oder Handlungsideen geben, wenn ich euch nicht beschreiben kann, worum es eigentlich geht.

Den Angehörigen unter euch kann ich nur raten, mit „eurem“ Borderliner über seine Leere zu sprechen. Wie sie sich für ihn oder sie anfühlt. Falls ich eines Tages auf eine gute Idee kommen sollte, wie ich euch das Thema näher bringen kann, werde ich das tun.

Und den Betroffenen unter euch möchte ich mit auf den Weg geben, dass es besser werden kann. Dass diese Leere nicht für immer als großes Loch in eurem Leben stehen wird. Sobald eine Therapie anfängt, zu wirken. Oder sobald ihr schafft, euch mit euch auseinanderzusetzen.

Als einzelnes Symptom ist die Leere wohl deutlich schwerer zu therapieren, als so manch anderes. Vielleicht kann man sich die Leere als eine Art Schmarotzer der anderen Symptome vorstellen. Solange sie bleiben dürfen, hat auch die Leere eine gute Zeit. Wenn aber durch eine gute Therapie und viel, viel Arbeit der Rest der Symptombande langsam zurückgedrängt wird, hat auch irgendwann die Leere keine guten Überlebenschancen mehr.

Es tut mir Leid, dass dieser Artikel nicht so erklärend und hilfreich ist, wie die anderen Symptom-Artikel es hoffentlich sind. Ich lege euch nochmals an Herz, einen Blick auf den Artikel auf Life in a Bind zu werfen, wenn euch das Thema wirklich interessiert und ihr es verstehen wollt.

Nun lasse ich dieses Schuldgefühl in diesem Artikel. Und freue mich ein bisschen, wie weit ich auf meinem Weg schon gekommen bin. Dass ich geschafft habe, die Leere aus meinem Leben zu vertreiben. Und stattdessen ganz schön viel in mir sehe.

Bali – 3| Raufkommen in Munduk

Lesezeit: 12 minuten

Bali – 3| Raufkommen in Munduk

Zwei Wochen im grünen, hügeligen Herzen von Bali. Und wir haben wirklich viel Herzlichkeit, viel Natur, noch mehr Ursprünglichkeit und Ruhe gefunden. Und auch Weihnachten und Silvester dort verbracht.


Zwei Wochen Kolonial-Herrinnen-Feeling wie im Südstaaten-Film! Unsere Unterkunft hieß Atres Villas und dabei handelt es sich um mehrere ein- und zweistöckige Gebäude, die locker um ein Reisfeld herum verteilt sind. Und das alles war nochmal umgeben von Reisfelder. Von unserem Balkon konnten wir über all dies hinweg sehen, bis zur Küste und zu den Bergen Javas. Was ein Feeling.

6 Uhr morgens. Die Sonne über Bali geht auf. Und wir genießen den Ausblick, das Licht und die Stimmung.

6 Uhr morgens. Die Sonne über Bali geht auf. Und wir genießen den Ausblick, das Licht und die Stimmung.

Gestört hat da nichts. Außer das Geschrei unserer Nachbarn. Aber die haben nur ihren Reis verteidigt. Vor den Vögeln. Und da es um ihre Lebensgrundlage und Haupteinnahmequelle geht, konnten wir das sehr gut verstehen. Doof war nur, dass die netten Nachbarn damit immer schon um 6 Uhr früh begonnen haben. Die ganze Familie, von der 4- bis zum 70-Jährigen. Jeder schreit was die Kehle hergibt. Wedelt mit Plastikfahnen. Klopft und lärmt was er kann. Den ganzen Tag. Von früh bis spät.

Aber wie gesagt. Verstehen konnten wir es. Manchmal war der Geduldsfaden aber trotzdem ein bisschen angespannter als sonst. Wach waren wir um 6 Uhr aber meistens sowieso schon. Denn in der örtlichen Kirche wurde jeden Morgen pünktlich um 5:30 lautstark per Lautsprecher über Häuser, Köpfe und Hügel hinweg gebetet. Das Vogel-Verscheuch-Geschrei war also quasi nur der Snooze-Ton.

Natur pur!

Normalerweise bin ich kein Fan solcher Aussagen. Aber in diesem Fall komme ich irgendwie nicht drum rum; es fühlt sich einfach so an: wer nicht mindestens zwei Tage in der goldenen Mitte Balis verbracht hat, der hat die Insel nicht gesehen! Und damit meine ich die geographische Mitte. Wo es keinen Strand, sondern Dschungel gibt. Wo kein Meer, sondern Wasserfälle rauschen. Wo man nicht auf Surfer, sondern auf Berge starrt.

Arvid und ich sind nach jedem Umzug auf dieser Insel wieder überrascht, wie sehr sich die einzelnen Teile unterscheiden. Nicht nur was die Natur angeht. Sondern alles. Die Menschen. Die Lebensweise. Die Infrastruktur. Die Sprache. Die Religion. Wir haben eingesehen, dass die Insel noch viel vielfältiger ist, als wir am Anfang gedacht haben.

Wir können einfach nicht genug bekommen - von der Natur, von den Sonnenuntergängen, von den Farben - und von Fotos =)

Wir können einfach nicht genug bekommen – von der Natur, von den Sonnenuntergängen, von den Farben – und von Fotos =)

Die Mitte Balis wird von Bergen und Seen dominiert. Schmale Straßen führen in engen und engeren Kurven in mutigen Steigungen durch die Region. Über allem thronen die Berge. Zwischen 1000 und 3000 Meter hoch. Auf der Straße von Denpasar nach Munduk gibt es einen Abschnitt, der bei gutem Wetter eine besonders tolle Aussicht bietet. Zur einen Seite blickt man auf die Zwillingsseen Danau Buyan und den Danau Tamblingan. Beides Kraterseen. Dementsprechend tief eingebettet zwischen den Bergen rings herum. Und auf der anderen Seite reicht der Blick bis an die Nordküste Balis. Manchmal sogar rüber bis nach Java. Und solche Momente und Stellen gibt es hier überall. Immer wieder anders. Immer wieder schön.

Und womit man vielleicht nicht rechnet: hier oben kann es richtig kalt werden! Unsere Unterkunft lag zwar gerade mal auf 400 Meter über Meereshöhe. Aber so manche Straße, die wir gefahren sind, lag noch deutlich höher. Wenn dann Sonne nicht brennt, dann ist man schon froh über ein Jäckchen und eine lange Hose.

Vielleicht liegt es an unserer Liebe zu den Alpen, dass wir uns hier so wohl und fast heimelig gefühlt haben. Vielleicht hat sich dieser Teil der Insel aber auch einfach noch mehr seinen ursprünglichen Charme erhalten können als der touristisch perfekt erschlossene Süden. Auf jeden Fall waren alle anderen Reisenden, mit denen wir während unseres Aufenthaltes gesprochen haben, auch beeindruckt, gerührt und begeistert von Balis grünem Herz.

Ein ganz eigener Menschenschlag

Was natürlich auch erheblich zu dem großen Wohlfühlfaktor beigetragen hat, waren die Menschen. Noch mehr als in Ubud oder im Süden kann man hier die balinesische Freundlichkeit in ihrer Reinform genießen. Und zur Abwechslung nicht perfekt ausgerichtet auf Touristen. Denn von denen verirren sich nicht viele hierher. Leider. Oder zum Glück. Und wenn sie doch mal herkommen, dann nur für einen Tag. Wenn die wüssten, was sie verpassen.

Das muss fotografiert werden! Carolin, Dom & Arvid versuchen, die magische Kraft der Reisfelder zu fotografieren.

Das muss fotografiert werden! Carolin, Dom & Arvid versuchen, die magische Kraft der Reisfelder zu fotografieren.

Wir haben den Eindruck, dass die „Boles“ – also die Weißen – hier noch nicht als Geldkühe angesehen werden, die man nur melken muss und dann weiter schickt. Ganz einfach weil für solche Geschäfte noch zu wenige davon herkommen. Also läuft hier alles weiter wie gehabt. Es entstehen zwar ein paar Homestays, Hotels und Restaurants, aber das Leben ist nicht auf die Bedürfnisse geldbringender Durchreisender ausgerichtet. Die Leute sind nicht auf die Touristen angewiesen – ganz im Gegensatz zu manch anderer Region.

Das führt dann auch zu so netten Szenen wie beim Wäsche abgeben. Arvid, ganz braver Kunde, will einen Namen oder irgendwas hinterlassen, damit sie die Wäsche wieder richtig zuordnen können. Nein, brauchen sie nicht. „Aber wenn nicht ich sondern meine Freundin zum abholen kommt?“ Darauf die Antwort „Bole? As long as it’s Bole it’s no problem!“ und ein herzhaftes Lachen. Für solche Momente reist man doch gern.

Und egal ob beim Essen gehen, beim Rumfahren, beim Joggen, beim Wassergallone kaufen oder beim Spazieren – immer fallen wir auf. Werden begrüßt, angelacht, abgeklatscht und aus großen Augen angeschaut. Augen, die eine Mischung aus Neugierde, Interesse, Belustigung und Verwunderung ausdrücken. Besonders stark wurde dieser Ausdruck immer dann, wenn wir erzählt haben, dass wir zwei Wochen bleiben. Das war vielleicht immer eine Neuigkeit!

Natürlich hat die ganze Sache auch Nachteile. Aber nur Kleine. Das Zurechtkommen und die Kommunikation sind hier ein bisschen komplizierter als bisher. Ganz einfach, weil Englisch hier nicht annähernd so verbreitet ist, wie in den Touristenzentren. Dafür aber Französisisch.

Warum Französisch? Das haben wir uns auch gefragt. Ganze Speisekarten und Schilderwälder in Französisch. So manch Angestellter in unserer Unterkunft konnte kaum Englisch. Aber besser Französisch als ich zu meinen Schulzeiten. Und auch die klare Mehrheit der Gäste bei uns waren Franzosen. So richtig verstanden haben wir es nicht. Aber schon interessant, wie sich die Nationen so in ihrem Reiseverhalten und -vorlieben unterscheiden.


 


Das Herz und den Norden erkunden

So schön unsere Unterkunft auch lag und war, ab und zu haben wir sie doch verlassen um das grüne Herz und den Norden der Insel so richtig zu erkunden. Mal haben wir uns nur zum örtlichen Wasserfall aufgemacht. Durch Reisfelder und kleine Dörfer, an Tempeln und tollen Ausblicken vorbei.

Ja, in Lovina im Norden Balis dreht sich (fast) alles um Delphine.

Ja, in Lovina im Norden Balis dreht sich (fast) alles um Delphine.

An anderen Tagen ging es runter an die Küste. Nach Singaraja und Lovina. Früher, vor allem während der Kolonialzeit, war hier das Zentrum der Macht. Der größte Hafen. Die meiste Industrie. Die meisten Besucher. Heute, wo der ganze Tross in den Süden der Insel gezogen ist, spürt man an jeder Ecke den Hauch vergangener, besserer Tage. Noch dazu ist die ganze Nordküste sehr trocken. Und sehr heiß.

Lovina kann sich noch damit rühmen, dass man hier wunderbar Delphine beobachten kann. Darum dreht sich hier dann aber auch fast alles. Am Strand entlang führt ein (teilweise noch) gepflasterter Weg. Vorbei an Hotelruinen, verlassenen Holzhütten und dem ein oder anderen Laden, der sich halten konnte. Man fühlt richtig, wie hier früher die feinen Damen der Gesellschaft mit ihren langen Kleidern entlang flanierten, den Schatten der extra gepflanzten Bäume und den Blick auf’s Meer genossen haben, während sie über die anderen feinen Damen der Gesellschaft gesprochen haben.

Mal sind wir ohne ein Ziel losgecruist – einfach nur schauen und genießen. Mal mit einem Ziel wie Wasserfall, Seeufer oder Markt. Mal waren wir zu einer Tempeleinweihungszeremonie eingeladen, mal sind wir in eine Bestattungszeremonie gestolpert. Mal sind wir extra früh aufgestanden, um zum Pura Ulun Danu Bratan zu fahren. Einem Tempel am Seeufer, der so ziemlich auf jedem Reiseführer über Bali abgebildet ist. Leider war der See aufgrund mangelnder Regenzeit so ausgetrocknet, dass der Anblick eher trostlos als beeindruckend war. Dafür waren wir begeistert, wie wach diese Insel bereits vor 6 Uhr morgens sind. Kinder gehen zur Schule, Frauen zum Markt, Opfergaben werden verteilt – überall wuselt es. Toll!

Leider hat uns während unserer Zeit in Atres der ein oder andere schlechte Tag in die Magengrube geboxt. So waren wir nicht immer so entdeckungsfreudig und energiegeladen, wie wir es vielleicht gewesen wären. Aber wenn der Bali Belly mal zuschlägt, dann lässt man es lieber ruhig angehen. Und hofft ganz doll auf schnelle Besserung.

Weihnachten und Silvester

Umzug nach Munduk – oder genauer: Banyuatis – war am 23. Dezember. Wir sind also mit der neuen Unterkunft direkt ins Weihnachtsfest gestolpert. Und es war schön. Ganz anders, als daheim. Aber wie sollte es auf Bali bei 35° auch nur annähernd Ähnlichkeit damit haben. Wir wollten uns was schönes gönnen und darum zu Weihnachten ein Picknick à la Heimat machen.

Unser Weihnachts-Festessen! Käse, Brot und Rumkugeln. Mit Blick auf unser Häuschen!

Unser Weihnachts-Festessen! Käse, Brot und Rumkugeln. Mit Blick auf unser Häuschen!

So sind wir also am 24. Dezember früh am Morgen mit dem Roller los, um in der Lovina Bakery (unter deutscher Führung) Käse, Brot und neuseeländischen Wein zu kaufen. Alles Dinge also, die man sich hier normalerweise nicht leistet. Weil sie einfach absurd teuer sind. Aber an Weihnachten kann man’s ja mal machen.

Auf dem Rückweg wurden wir das erste Mal so richtig fies von einem Regenschauer auf dem Roller erwischt. Also, Regenjacken an. Visier runter. Und los. Die Fahrt war dann sehr abenteuerlich. Nicht nur wegen Regen, Wind, Nebel und auch Kälte. Sondern auch, weil wir einen anderen Weg als runter gewählt hatten. Und dieser stellte sich als von GoogleMaps fälschlicherweise als richtige Straße interpretiert heraus. Zum Glück hat Arvid inzwischen einiges an Rollererfahrung sammeln können, so dass wir beide heil in Atres angekommen sind. Natürlich genau dann, als es aufhörte, zu regnen. So stellt man sich Weihnachten auf Bali doch vor, oder?

Bis Abends war das schlechte Wetter glücklicherweise ein riesiges Stück weiter gezogen. Und so konnten wir unser Weihnachtsessen bei Sonne und mit Blick auf Reisfeld und Palmen genießen. Der Käse war hervorragend. Das Baguette besser als daheim. Und der Sauvignon Blanc schön gekühlt. Ein Essen wie Gott in Bali! Abends gab es dann noch Schnaps und Gebäck von unseren Gastgebern. So schnell werden wir dieses Weihnachten auf jeden Fall nicht vergessen!

Hallo 2016! Wir betröten dich aus vollem Hals. Macht man hier auf Bali wohl so =)

Hallo 2016! Wir betröten dich aus vollem Hals. Macht man hier auf Bali wohl so =)

Auch Silvester haben wir „bei uns daheim“ verbracht. Denn wir wurden vom Management zur Party mit Buffet eingeladen. Und zwar wirklich eingeladen. Zahlen dürften wir nicht. Weil wir zwei Wochen bleiben und somit special guests im wahrsten Sinne des Wortes sind.

An diesem Abend haben wir das erste Mal das berühmt (berüchtigte) Babi Guling probiert. Schwein am Spieß. Eine Spezialität hier. Und dazu gab es jede Menge anderer lokaler Leckereien. Das herzhafte war leider fast alles VIEL zu scharf für mich – was hier auf Bali eigentlich selten vorkommt, denn so scharf würzen die hier nicht. Aber es gab Gott sei Dank auch jede Menge süße Leckereien, wie Klebreis und Dadar Guling – grüne Pfannkuchen mit Kokosfüllung.

Die Zeit zwischen Essen und Mitternacht haben wir dann im Kreise einer fünfköpfigen französischen Familie verbracht. Jedes Jahr in den Weihnachtsferien fahren sie zusammen weg und haben so schon die halbe Welt gesehen. Nach unzähligen Runden exzessiven Kartenspielens haben wir gemeinsam um Mitternacht das Feuerwerk über den Reisfeldern bewundert, in unsere glitzernden Papptröten geblasen und so das neue Jahr begrüßt! Auch ganz anders, als wir es uns nicht vorgestellt hatten – aber ebenso unvergesslich.

Die Borderline schlägt zu

Und wie sollte es anders sein, natürlich hat sich neben dem Bali-Belly auch die treue Borderline hin und wieder in mein Wohlbefinden eingemischt. Unter anderem an einem wunderbaren Tag, als wir Carolin und Dom kennengelernt haben, die ebenfalls in den Atres Villen Unterkunft gesucht und gefunden hatten. Sie Spanierin, er Brite. Arbeiten von unterwegs und sind schon seit sehr vielen Monaten auf Reisen.

Grün, Hügel, Seen - kühl. Wie man an meiner Kleidung sehen kann.

Grün, Hügel, Seen – kühl. Wie man an meiner Kleidung sehen kann.

Wir haben uns am selben Tag zum selben Wasserfall aufgemacht und sind so früher oder später nebeneinander hergelaufen und ins Reden gekommen. Sehr interessante Geschichten, die beiden. Wir konnten uns gegenseitig ein paar Tipps zum Arbeiten unterwegs geben. Alles in allem wirklich eine tolle Begegnung, die auch mit dem Tausch von Kontakt- und facebook-Daten einherging.

Nach der Runde zum Wasserfall und einer Runde frisch machen ging es dann kurz darauf weiter mit einer Runde Bier, die wir gemeinsam den Blick genießend auf unserem kolonialherrschaftlichen Balkon eingenommen haben. Dazu mehr Gespräche über die DDR, Weltpolitik und das Leben auf Reisen. Je später der Abend wurde, desto lauter wurde jedoch eine Stimme in mir, die sagte „Die finden euch eigentlich doof. Die denken ihr seid langweilig. Die wollen am liebsten sofort weg von euch und auf ihr Zimmer!“ und so weiter.

Am Anfang konnte ich das zarte Stimmchen noch ignorieren bzw. mit meiner überlegenen Ratio in Schach halten. „Wenn sie uns so doof fänden wäre Dom wohl kaum mit drei Flaschen Bier zu uns hoch gekommen“ und so weiter. Aber je später der Abend desto unsicherer wurde ich. Und desto sicherer wurde ich, dass die mich bzw. uns blöde finden. Oder dachten, wir wären interessant und jetzt aber merken, dass wir es doch nicht sind. Lauter solche Gedanken. Das geht dann am Ende soweit, dass ich mich kaum noch aufs Gespräch konzentrieren kann, weil ich nur noch damit beschäftigt bin. Und damit, der Situation irgendwie zu entkommen.

Wahnsinn! Was die Sonne hier jeden Abend aufs Neue für eine Show abzieht! Und das ist nur das, was das iPhone aus den Farben macht...

Wahnsinn! Was die Sonne hier jeden Abend aufs Neue für eine Show abzieht! Und das ist nur das, was das iPhone aus den Farben macht…

Ich kenne das, sowas haut mein Kopf mir ständig um die Ohren. Neu war allerdings, dass Arvid in diesen Strudel mit reingezogen wurde. Normalerweise bleibt er außen vor, denn er ist ja toll, ihn mögen die Leute ja. Das war also neu. Alles andere war bekannt. In der Situation konnte ich dieses Mal nichts tun. Aber danach. Und zwar mit Arvid reden. Ihn fragen, ob es ihm ähnlich ging. Oder ob das alles nur Hirngespinst war. Mit durch ihn wieder einen realistischeren Blick auf die Dinge holen. Und das hilft. Mir im wahrsten Sinne des Wortes den Kopf wieder ein wenig zurechter rücken.

Aber auch das wird mir nicht dabei helfen, dass soziale Situationen und Interaktionen – besonders mit völlig Fremden – einfach schwer für mich sind. Und anstrengend. Mein Kopf feuert dann ohne Pause. Und in alle Richtungen. Von „Wow – diese Person ist so toll! Das wird eine Freundschaft für’s Leben!!!!“ (nach 5 Minuten Bekanntschaft) bis zu „Oh mein Gott – jeder hier findet dich scheiße. Geh einfach sofort damit sie in Ruhe über dich reden können.“

Besonders gemerkt habe ich das, als wir per Zufall in eine Bestattungszeremonie geraten sind und anschließend zum Essen eingeladen wurden. Alle fünf betroffenen Familien hatten sich zusammengetan. Weit über 100 Leute waren dort, es gab Essen ohne Ende, jede Menge Dekoration, fünf Priester und ein Gamelanorchester. Eine einmalige Gelegenheit. Ein 12-jähriges Mädchen – eine der wenigen Anwesenden, die des Englischen etwas mächtig war – hat sich uns angenommen. Uns ein wenig herumgeführt, uns was zu Essen in die Hand gedrückt und so weiter.

Klingt toll? War es bestimmt auch. Für mich aber mehr Tortour als alles andere. Die Balinesen sind nun mal sehr gastfreundlich. Und es mag sein, dass es kaum jemanden gestört hat, dass wir dort waren. Eher das Gegenteil. Das Problem bei mir ist aber, dass ich so feinfühlig für die Stimmungen und Gefühle anderer bin, dass ich in dieser Menge an Menschen genau die zwei Stück finden werde, die nicht ganz so begeistert sind von unserer Anwesenheit. Und diese beiden überstrahlen dann die Menge an freundlichen und „Willkommen“-sagenden Gesichtern.

In diesem Fall überdeckt das Buchcover wirklich die Realität - Schade. Aber trotzdem ein schöner Tempel

In diesem Fall überdeckt das Buchcover wirklich die Realität – Schade. Aber trotzdem ein schöner Tempel

Ich fühle mich beobachtet – und irgendwie schäme ich mich. Dass ich nicht einfach locker neben den Frauen sitzen kann und mit ihnen plaudere. Dass ich vielleicht nicht so aufregend bin, wie sie sich eine Deutsche immer vorgestellt haben. Dass ich eben keine Idealbesetzung für eine Rolle bin, von der ich eigentlich gar nicht weiß, wie sie auszusehen hat. Lauter so Zeug schießt in meinem Kopf hin und her. Dazu trage ich ein verkrampftes Lächeln – man will ja höflich sein. Und bei nächster Gelegenheit muss ich Arvid sagen, dass wir jetzt gehen müssen weil ich einfach nicht mehr kann.

Das alles ist scheiße. Und schade. Nicht nur, weil Arvid tolle Fotos und mir tolle Erfahrungen entgehen. Aber im Moment arbeite ich nicht mehr daran, mich ändern zu wollen. Sondern zu akzeptieren, dass ich so bin. Dass es mir schwer fällt, mich in eine große Horde fremder Menschen zu stellen die gerade eine wichtige Zeremonie abhalten und deren Sprache ich nicht spreche. Aber das ist lange nicht so einfach, wie es sich hier so schreibt.

Und zwischendrin blitzt noch oft genug das Bild von der Person auf, die ich wohl manchmal gerne wäre. Die kein Problem hat, mit solchen Situationen. Die locker mit den Leuten ins Gespräch kommt. Sich am Büffet bedient und sich durch die Räume bewegt. Aber das bin einfach nicht ich. Meine Rolle ist eine andere. Mehr beobachtend, vielleicht sogar etwas introvertiert und schüchtern – dadurch fallen mir aber auch viele Dinge und Kleinigkeiten auf, die die meisten Menschen verpassen. Ich muss jetzt nur noch akzeptieren, dass ich so bin und dass es gut so ist. Und nicht länger versuchen, die Lücke zwischen Vorstellung und Realität krampfhaft zu füllen.

Kein Bali ohne Berge!

Zu besonderen Anlässen wird hier auf Bali ein ganzes Schwein gegrillt - und an Silvester haben unsere Gastgeber uns dazu eingeladen. Eine Erfahrung.

Zu besonderen Anlässen wird hier auf Bali ein ganzes Schwein gegrillt – und an Silvester haben unsere Gastgeber uns dazu eingeladen. Eine Erfahrung.

Wir wissen jetzt also: Bali ist nicht nur Strand. Bali ist auch Berge. Und in der Mitte Balis scheint die Welt sich wirklich etwas langsamer zu drehen, als drum herum. Und wir haben uns angepasst. Haben uns langsam mitgedreht und den Schwung und das Vibrieren, dass über dem ganzen Süden zu liegen scheint, bald abgelegt.

Nach der heimlichen Kulturhauptstadt Ubud, dem trendigen und wuseligen Süden und dem ruhigen, kühlen Munduk geht es als nächstes weiter an die Ostküste. Dort soll es etwas rauer sein, sowohl die Natur als auch die Menschen. Wir sind gespannt und verlassen Atres mit einem lachenden und einem weinenden Auge.

Viertel vor Rückreise

Lesezeit: 6 minuten

Viertel vor Rückreise

Der letzte Monat von THE|trip ist angebrochen. Lässt das in uns Wehmut aufkommen? Oder Vorfreude? Oder Panik? Wie sehen unsere Pläne aus – wenn es denn welche gibt. Und was macht überhaupt die Borderline?


Der aufmerksame Leser wird beim Lesen dieser Überschrift an den ersten Resümee-Artikel einen Monat nach Abreise gedacht haben. Der neugiereige Leser wird sich fragen, warum es denn eigentlich kein Wort zur Halbzeit von THE|trip gab. Nun, das lag daran, dass wir am Tag der Mitte, des Bergfestes, dem 2. Januar, zu beschäftigt waren. Mit dem Neuen Jahr, unserem Jahrestag als Paar und auch damit, zu begreifen, dass wir nochmal genau so viel Abenteuer vor uns haben, wie bereits hinter uns lag.

Nun, da ich hier auf Balis Nachbarinsel Lombok in einer wunderbaren Unterkunft, oder besser: Oase sitze, hat mich die Lust gepackt, mal wieder einen richtig klassischen Blogpost zu schreiben. Ohne großes Thema, einfach so. Was mache ich gerade? Wo bin ich? Wie geht’s mir? Und überhaupt. Und zufällig fällt diese Lust mit dem letzten großen Countdown unserer Reise zusammen. Was für ein schöner Zufall!

Die letzten Wochen waren ziemlich aufregend, turbulent und abwechslungsreich – als einziger roter Faden hat sich die Abwesenheit von gutem Internet herausgestellt. Die Weihnachtsferien haben wir in Munduk verbracht, in der Mitte Balis. Danach ging es für eine Woche an die Ostküste, nach Amed. Weiter ging es mit dem Visa-Run. Zwei Nächte in Sanur, an der Südostküste Balis, den Tag dazwischen in Singapur am Flughafen verbracht. Hach, war es dort sauber und das Internet schnell.

Am 15. Janaur schließlich ging es dann auf die Gili-Inseln. Drei kleine Landtropfen vor der Küste von Lombok. Wir haben uns für den größten der Tropfen entschieden, mit dem schönen Namen Gili Trawangan. Fünf Tage hatten wir geplant dort zu bleiben. Doppelt so viele sind es am Ende geworden. Und vor wenigen Tagen sind wir nun übergesetzt nach Lombok.

Das alles erzähle ich euch hier nur so kurz, weil es bald noch Artikel zu den einzelnen Stationen geben wird. Die sind auch schon geschrieben – aber Fotos hochladen ist bei diesen Internet-Verbindungen ein Ding der Unmöglichkeit. Und so viel Geduld hab ich einfach nicht. Deswegen schicke ich das alles nach, wenn der W-Lan Balken wieder auf grün steht. Damit ihr dann zu den grauen Worten auch schöne Bilder gucken könnt.

Vier Wochen To Go

Wahnsinn. Vier Wochen noch. Dann werden wir schon wieder daheim, im kalten (?) Deutschland sitzen und diese Reise wird Vergangenheit sein. Und andererseits: Wahnsinn! Vier Wochen noch! So viele Tage noch, die voll von Reisen, Abenteuern und Neuem sein werden. Der Endspurt von THE|trip ist länger als der Jahresurlaub so manch armem deutschen Büromenschen. Wirklich sentimental zu werden wollen wir uns also gar nicht erlauben.

Der Plan ist, noch ein paar Tage hier auf Lombok zu blieben. Vor allem, weil unsere Pässe im Büro der Einwanderungsbehörde gerade noch eine Auszeit von uns nehmen. Zweites Mal Visa-On-Arrival verlängern. Hier auf Lombok geht das etwas einfacher und vor allem günstiger als auf Bali.

Sobald das geregelt ist schnappen wir uns ein Boot und fahren wieder zurück nach Bali. Und zwar nochmal nach Ubud. Dort hat es uns einfach doch ziemlich sehr gut gefallen. Und in den fünf Tagen, die wir am Anfang der Bali-Zeit dort verbracht haben, haben wir ja nur einen Ausschnitt der Stadt und der Gegend gesehen. Wir haben beide das Gefühl „Da geht noch mehr!“.

In Ubud wollen wir es dann auch nochmal wie in Canggu machen. Eine feste Bleibe für die restliche Zeit. Keine Umherzieherei mehr. Sondern eine schöne Base. Hoffentlich mit gutem Internet. Dann und wann Ausflüge nach hier und dort. Wir freuen uns darauf, nochmal ein wenig reise-sesshaft zu werden.

Denn das viele Umziehen und ständig Ort wechseln der vergangenen Wochen hat uns wieder deutlich gezeigt: zu schnelles Reisen ist nicht unser Ding. Das langsame Reisen hat einfach verdammt viele Vorzüge. Im Moment fühle ich mich so, als wäre meine Speicherkarte voll. Kein Platz mehr, um neue Dinge und Eindrücke zu speichern. Ich brauche etwas Zeit, um ein bisschen was zu verarbeiten, bevor ich was neues oben drauf packen kann.

Außerdem möchten wir nochmal die Annehmlichkeiten, die sich in und um Ubud herum so angesammelt haben, auskosten. Ja, im ersten Ubud-Artikel habe ich ein wenig drüber gelästert. Über die Eat-Pray-Love Kultur. Und über Westlerinnen mittleren Alters, die hoffen, in Ubud von all ihren Sünden erlöst zu werden.

Aber wenn das Angebot schon so groß ist, dann werde ich nochmal so richtig reinhauen. Bevor ich auch mittleres Alter erreicht habe. Ein paar Yoga-Stunden im Reisfeld besuchen. Ein bisschen in den alternativen Lädchen letzte Mitbringsel shoppen gehen. Ein paar Tage vegan leben ausprobieren. Denn das geht wirklich nirgendwo besser als dort in Ubud. Und ich freue mich drauf! Healthy Body – Healthy Mind pur, also. Dazu ein bisschen Arbeiten, im Coworking-Space mit anderen Bloggern, Langzeitreisenden und digitalen Nomaden austauschen. Wenn ich das alles nur schreibe juckt es mich schon in den Fingern, endlich wieder nach Ubud zu kommen.

Heimweh oder Rückreisepanik?

Arvid und ich haben schon darüber geredet, wie es uns mit dem nahenden Ende der Reise so geht. Und wir sagen beide: es ist gut so! Wir haben alles richtig gemacht. Na klar, wir sagen auch: „Sobald wir wieder daheim sind, werden wir schnell wieder weg wollen.“ Aber im Moment fühlt sich einfach alles genau richtig an.

Ich habe so viel auf dem Zettel, was mich erwartet, wenn ich zurück in München bin. So viele Pläne, Dinge und Ideen, die auf Umsetzung warten. So viele Gedanken, die nun viele Wochen Zeit hatten, in meinem Kopf zu heranzuwachsen. Und die langsam reif werden. Es wird bald Zeit, da ein bisschen was zu ernten. Wenn ich durchgehe, was ich alles tun möchte, wenn THE|trip vorbei ist, dann werde ich ganz kribbelig.

Das Heimweh hat uns beide zum Glück immer noch nicht gepackt. Na klar, die Dinge und Menschen, die man vermisst, werden mehr. Mit am meisten freuen wir uns aber wahrscheinlich auf alltägliche Annehmlichkeiten wie trinkbares Leitungswasser, schnelles W-Lan, Bürgersteige, Mülltonnen, eine Waschmaschine mit heißem Wasser. Und Brot. Und Käse. Aber das sind alles Dinge, ohne die wir es auch noch eine Weile aushalten könnten.

Unsere Lieben zu Hause sind dank moderner Technik ja eigentlich immer bei uns. Auch wenn FaceTime mal nicht so will, schreiben geht immer. Die Lust an der guten alten Postkarte vermiest mir das aber noch lange nicht. Und natürlich ersetzt auch der ausführlichste What’sApp Chat nicht den gemeinsamen Tatort-Abend. Oder eine schöne, feste Umärmelung. Auch diesbezüglich gibt es also einiges, worauf wir uns freuen – keine Sorge!

Zwei Dinge vermisse ich aber dann doch ein bisschen mehr: unseren VW-Bus. Und die Berge! Das sind wirklich die einzigen Sachen, wo ich geradezu wehmütig werde. Wenn ich Fotos von unseren Bergtouren sehe. An Hütten mit Kaiserschmarren und Käsespätzle denke. Die Ruhe und Luft in den Alpen. Und unsere vielen schönen Bücher voller Touren, die noch absolviert werden wollen. Wenn ich also am Schluss doch nicht von hier weg wollen sollte – dann schaue ich nur durch meine Alben oder lese mir auf der Seite vom DAV ein paar Tourentipps durch und schon sollte das erledigt sein.

Kurz und gut: im Moment freuen wir uns sehr auf die Wochen, die noch vor uns liegen. Und wir freuen uns darauf, zurück nach Hause kommen. Und wir freuen uns darauf, bald wieder loszuziehen!

Wie geht’s uns denn heute?

Heute? Gut. Vor ein paar Tagen? Nicht ganz so gut. Das lag mal wieder an meiner unterbrochenen Selbstfürsorge-Routine. So sehr ich weiß, dass ich auf sie angewiesen bin – ab und zu passiert es trotzdem, dass die Umstände mich aus meiner Bahn werfen. Und diese Umstände haben sich auf Gili Trawangan zusammen gefunden.

Angefangen hat alles noch ganz kontrolliert. Während unserer fünf Tage Luxus-Leben-und-Genießen in der Pearl of Trawangan. Einmal richtig über die Budget-Stränge schlagen und das süße Inselleben in vollen Zügen genießen. Ohne auf das Geld zu schauen. Ohne schlechtes Gewissen. Und ohne meine normale Disziplin. Und das war wohl schon der Anfang allen Übels.

Meditation und Sport nur sehr halbherzig absolviert. Es war ja schließlich Relaxen angesagt. Den Schlaf vernachlässigt. Den Alkohl zu sehr genossen – was mich angeht sind das die Zutaten für eine garantierte Abwärts-Achterbahnfahrt.

Nach den fünf Tagen Pearl sind wir umgezogen, haben uns wieder in unsererm normalen Budget eingenistet. Und eigentlich sollte die Selbstfürsorge auch wieder mit uns dort einziehen. Leider kamen dazwischen: 1. eine zu kleine Unterkunft und zu hohe Temperaturen – das erschwert die tägliche Verabreichung der erforderlichen Sportdosis und das Nehmen meines nötigen Freiraums. 2. zu viele, zu nette Menschen, mit denen man zu gerne getrunken, gefeiert und die Nächte verquatscht hat – das wirbelt dann auch die letzten Reste meiner Routine durcheinander. Konsequenz und Disziplin lagen so wie ich in der Hängematte. Keine Wachen mehr, Tür und Tor standen offen für allerlei Gedanken. Und ich war wehrloses Opfer meines eigenen Kopfes.

Ergbenis dieser ganzen Geschichte waren einige Tage, in denen ich ganz schön zwischen meinen Launen umhergeworfen wurde. Viel schwarz war dabei. An manchen Tagen sogar sehr viel davon. Da konnte die Sonne noch so sehr scheinen, das Meer noch so schön rauschen und der Strand noch so weiß sein.

Am Schlimmsten an der ganzen Sache aber ist für mich gerade, dass es so komplett selbst verschuldet war. Ich sollte es doch inzwischen besser wissen. Sollte wissen, dass ich meine Anker brauche, um mich in der Bahn zu halten. Warum hat es mich dann also so erwischt?

Vielleicht, weil es nicht immer der spaßigste Weg ist, seinen Alltag „vernünftig“ zu verbringen. Wenn man früh am Morgen Sport machen und meditieren möchte. Wenn man auf seine Ernährung und sein Trinkverhalten acht gibt. Wenn man früh ins Bett geht, weil der Schlaf so wichtig ist – die Nächte durchsaufen und Tanzen bis zum Morgengrauen klingt da ganz anders. Mehr nach den Botschaften, die man von außen immer über das schöne Leben vermittelt bekommt.

Wenn dann neben mir andere Menschen all dies einfach tun, ohne am nächsten Tag zu bereuen, ohne mal einen Gang runterzuschalten. (Ohne auf sich zu achten?) Dann springt in mir wohl etwas an. Ist es Neid? Ist es Trotz? Ich weiß es nicht. Hätte ich eine „sichtbare“ Krankheit, dann würde mir auch keiner übel nehmen, dass ich kürzer trete und nicht bei allem mithalte.

Nun gut – seit wir auf Lombok sind hat sich die Achterbahn wieder beruhigt. Nur noch die normalen Ups and Downs. Ich absolviere wieder meine Morgenstunde (Yoga, Sport, Meditation), schlafe genug und lasse den Alkohol weg. Und schon geht es mir besser. Und ich schwanke zwischen „Mensch, Dommi, hätte jetzt echt nicht sein müssen“ und „Siehst du, es liegt an dir – du kannst beeinflussen, wie es dir geht“. Und ich glaube, letzteres gefällt mir besser.

Bali-Beobachtungen

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Bali-Beobachtungen

Wenn einer eine Bali-Reise tut, dann kann er viel erzählen… Wer einige Wochen hier auf Bali verbringt, der sieht wahrlich so einiges. Lustiges, trauriges, schönes, interessantes, sonderbares. Eine kleine Sammlung von Gedanken und Beobachtungen. Und natürlich Bilder dazu.


Wie ist es, fast drei Monate auf Bali zu sein? Wie fühlt es sich an? Was sieht man? Wovon wird der Alltag bestimmt? All dies sind Sachen, die sehr schwer über den halben Erdball zu transportieren sind. So viele Kleinigkeiten, die in den großen Reiseartikeln immer untergehen, keinen Platz finden. Vielleicht kann diese Sammlung hier eine Idee davon geben:

Ja, die Reisterrassen sind so schön wie sie auf Bildern und in den Reiseführern immer aussehen. Jedes Mal schön, jedes Mal anders.

Die Erwachsenen fragen einen zur Begrüßung meistens, wohin man geht oder woher man kommt. „Where you going?“ Das ist quasi das balinesische Äquivalent zum amerikanischen „How are you?“. Mit dem Unterschied, dass es die Balinesen wirklich zu interessieren scheint. Am Anfang wundert man sich noch und denkt „Das geht dich doch gar nichts an?!“ aber auch daran gewöhnt man sich und legt sich für den Fall ein „Jalan, Jalan!“ zurecht. Was soviel heißt wie „Weg, Weg bzw. Ich fahr einfach nur ein bisschen rum.“

Erschreckender können da schon die Kinder sein, die einen vom Straßenrand aus ansprechen. Meistens ist es nur ein fröhlich geschrienes „HELO!!!“ wenn wir vorbei fahren. Da freut man sich natürlich. Wir haben aber auch mehr als nur einmal erlebt, wie die Kinder bei unserem Anblick sofort die Hand hingehalten haben und „Money!“ sagen. Schön, dass sie Englisch sprechen.

Die Kinder sind hier sowieso zum Teil Vollprofis. Nicht nur im „Money“ rufen. Sondern im verkaufen und verhandeln. Nur eine von vielen Szenen: wir halten an einer ruhigen Straße um den Blick auf die Landschaft zu genießen. Da kommen drei wirklich knuffige Mädchen angerannt, 5,7 und 9 – grob geschätzt. Und zeigen uns Bilder. Natürlich selbstgemalt. Und machen große Augen. Wir blättern höflich durch. Ich frage mal höflich nach, was denn ein Bild kostet. Und auf die Antwort „Fifty thousand!“ muss ich nicht mehr ganz so höflich laut lachen. Worauf das Mädchen sagt „You can bargain!“ Also, dass ich ja handeln könne! Ohne mit der Wimper zu zucken. Gelernt ist gelernt. 50.000 Rupiah sind deutlich mehr, als die umgerechnet 20 Cent, die ich wahrscheinlich noch bereit gewesen wäre zu zahlen. Für das Geld bekomme ich in so manchem Warung drei Essen.

Drei Geräusche, die Bali für mich ausmachen: das Brummen, Röhren, Knattern von Motorrollern – das Krähen der unzähligen Hähne – der immer noch fremde Klang von Gamelan-Instrumenten.

Geckos sind toll! Und überall! Innen und außen. An Wänden, Decken, Lampen und Schildern. Und sie stören überhaupt nicht. Sondern sie essen brav Mücken und Co. Damit die einen dann im Schlaf nicht verrückt machen. Nur die Gecko-Kaka liegt manchmal an etwas ungünstigen Plätzen. Aber ist wohl auch schwer, von so weit oben gut zu zielen.

Zeit hat hier einen anderen Wert. Gefühlt gibt es mehr davon. Jeder einzelne Balinese scheint an einem Tag soviel Zeit zu haben wie wir nicht in einem Monat. Das bringt eine allgemeine, sehr entspannte Atmosphäre auf der ganzen Insel mit sich.

Es wird viel rumgesessen. Überall – ob auf der Straße, hinterm Tresen oder beim Arbeiten. Kein schlechtes Gewissen beim Nichtstun.

Diese allgemeine Ruhe ist schön. Und nicht vergleichbar mit der pausenlosen Hektik in Deutschland. Und sie ist ansteckend. Es dauert nicht lange, bis man feststellt, dass man sich auch langsamer bewegt. Ruhiger. Entspannter. Bei den Temperaturen hier sowieso eine gute Idee.

Und die Balinesen können trotzdem oder auch richtig hart anpacken. Ständig sieht man Frauen mit Zementsäcken auf dem Kopf. Oder Roller, die mit Zementsäcken beladen sind. Es wird gebaut, gehämmert, geschleppt, geerntet wohin das Auge sieht.

Es gibt kein Bier auf Hawaii? Es gibt keinen Wein auf Bali. Und wenn doch, dann ist er ungenießbar. Oder unbezahlbar.

Die sattgrünen Reisterassen – wir können uns einfach nicht satt sehen!

Nein, ich gewöhne mich einfach nicht an unter 7-jährige Kinder, die mit 40 km/h auf ihrem Motorroller an mir vorbeirasen. Und auch nicht an 12-jährige.

Und ich gewöhne mich auch nicht an mit allen erdenklichen Dingen vollbeladenen Roller. Ob vier Ziegen, 5 Meter hoch Reissäcke, Kühlschrank oder Rasenmäher. Jedes mal faszinierend. Und oft auch ein bisschen beängstigend.

Und wer keinen Roller zum Überladen hat, der nimmt eben seinen Kopf. Ob Hühnerbund, Opferschalen oder Wassergallonen – alles schon gesehen. Auch Pflastersteine landen auf dem Kopf. Mutti trägt 6 Stück, der 12-jährige Sohn 3 Stück und seine 4-jährige Schwester nur einen. Man muss ja klein anfangen.

Räucherstäbchen sind toll! Ich liebe den Geruch, der mehrmals täglich von den Tempeln, Opferstellen und zahllosen anderen Orten durch die Luft geweht wird.

Und den Duft von Nelkenzigaretten mag ich auch.

Ja, es findet jeden Tag irgendwo im näheren Umkreis mindestens eine Zeremonie statt. Meistens mehrere. Ständig, überall, immer wird irgendwas, irgendwo und irgendwie zeremoniert. Mit ein wenig Offenheit und vor allem wenn man etwas länger an einem Ort bleibt, wird man früher oder später zu einer Hochzeit, einer Tempeleinweihung oder einer Bestattungszeremonie eingeladen werden. Oder allen drei. So ging es uns.

Balinesen scheinen Harley Davidson zu lieben. Auch wenn man davon praktisch kein Exemplar herum fahren sieht. Dafür aber umso mehr Autos und Roller die Harley-Davidson Aufkleber durch die Gegend fahren.

Gefühlt leben 90% der Balinesen hinter, vor, über, neben oder in ihrem Shop. Aussehen tun diese Läden fast alle gleich. Eine bunte und unbeschreibliche Mischung. Der Tag wird damit verbracht, hinter, vor, über, neben oder im Shop rumzusitzen. Ist ja auch Zuhause. Wenn jemand kommt, um was zu kaufen – schön. Wenn nicht – passt auch. Man hat ja sein Zuhause nicht verlassen müssen.

Habe ich schon die Reisterrassen erwähnt? Jedes mal wieder unfassbar grün, schön und atemberaubend.

Auch an Männer, die auf ihrem Roller Schrotflinten, Gewehre, Sicheln, Sensen und Harpunen durch die Gegend fahren, habe ich mich noch nicht gewöhnt.

In so vielen Dingen ist Bali eine wahre Zeitreise. In die Vergangenheit. Viele Dinge, bei uns inzwischen von Maschinen & Co übernommen wurden, werden hier noch old-school und per Hand gemacht. Vom Ochsenkarren auf dem Reisfeld bis zum Betonmischen und Wäsche waschen im Fluss.

Die Balinesen kehren gerne. Und ständig. Quasi immer. Meistens mit kurzen Reisbesen. Auf der Straße, in der Einfahrt, vor dem Haus – das Geräusch ist so allgegenwärtig wie die warmen Temperaturen.

Entweder, die Balinesen haben alle etwas an den Ohren, oder ein extrem anderes Lautstärke-Empfinden als wir. Die Musik dröhnt hier an vielen Stellen mit einer solchen Wucht aus den Boxen, dass der Hörschaden unmittelbar mitschwingt. Und eng um die Lautsprecher scharen sich die Menschen. Dass die Boxen meistens schon den Geist aufgegeben haben und mehr Scheppern und Rasseln als klare Töne proudzieren – stört nicht.

Und bei den Mopeds scheint zu gelten „Wer am lautesten röhrt der hat gewonnen“. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie laut diese kleinen Dinger werden können. Ein startender Düsenjet ist nichts dagegen. Vor allem fahren die meistens nicht so viel in der Gegend herum.

Aber auch beim Arbeiten mit lauten Maschinen trägt hier keine Sau so etwas wie Gehörschutz.

Geschweige denn von Schutzbrillen. Egal ob Schweissen, Sägen oder Schleifen. Passiert alles mit Flipflops, nacktem Oberkörper und dem Kopf direkt am Gerät.

Wir haben uns ein paar Mal gefragt, ob das die Hölle oder das Paradies ist für Menschen, die in Deutschland für die Sicherheit am Arbeitsplatz sorgen.

Gleiches gilt aber für Tierliebhaber. Vor allem Hunde. Entweder man findet hier in den vielen verwahrlosten Straßentieren seine Lebensaufgabe. Oder verzweifelt anhand der vielen dürren und trauigen Gestalten überall.

Und für Menschen, die zu Hause irgendwas mit Strom und Kabeln, Sanitär oder Bauen zu tun haben – ich kann mir nur absolute Fassungslosigkeit oder grenzenlose amüsierte Faszination vorstellen. Was die hier zum Teil veranstalten ist wirklich unbeschreiblich.

Aber auch ihre Stärke: etwas funktioniert nicht? Also findet man schnell und unkompliziert eine Lösung. Pragmatisch, praktisch -nicht immer gut. Manchmal gefährlich. Oft kreativ. Und jedes Mal faszinierend. Plastikflaschen als Regenrohre. Kabel, die durch die Luft, über die Straße und in vielen Knoten locker verlegt werden. Ölkanister, die als Bojen, Gewichte oder Dekoration benutzt werden.

Der Balinese lächelt. Und ist nett. Und höflich. Was toll ist. Mit der Zeit aber auch anstrengend werden kann. Einerseits, weil man  es einfach kaum schafft, mal einen Blick hinter diese lächelnde Fassade zu werfen. Was denken die Locals wirklich über die Touristenmassen? Wie geht es ihnen, wenn ihre Kultur mit Füßen getreten und ihre Insel zerstört wird. Nach einer Weile fängt man an, sich kontroverse Diskussionen statt pausenloser Lächelfassade zu wünschen.

Aber im Alltag ist es natürlich auch toll, wenn alle um einen herum strahlen, was das Zeug hält.

Den Satz „Ich geh mal auf mein Zimmer“ wird man hier nicht hören. Die Menschen hier leben anders. Oft gibt es nur einen Raum, in dem gekocht, gelebt und geschlafen. Manchmal werden einzelne Dinge in einen offenen Teil des Hauses ausgelagert. Aber einzelne Zimmer, vor allem für die Kinder, mit Tür & Co sind hier noch sehr ungewöhnlich.

Die Gamelan-Musik ist eine schöne Metapher dafür, wie Bali funktioniert. Ein Gamelan-Instrument alleine klingt eher nicht so geil. Ein Gamelan-Orchester hingegen klingt faszinierend. Bali funktioniert nicht ohne die Gemeinschaft. Das mag so nicht mehr für die größeren Städte im Süden gelten, wo der westliche Lebensstil sich immer mehr durchsetzt. Aber für den Rest der Insel ist der Zusammenhalt und die Dorfgemeinschaft nach wie vor Alltag und Lebensgrundlage. Von der Versorgung der Alten und Kranken bis zum Straßenbau und gemeinsam gestemmten Zeremonien.

Wer nichts wird, wird Winker. Und nicht Wirt. Gerade im Süden stehen überall – wirklich überall Menschen mit Kellen, Schildern oder Pfeifen, die einen aus Ein- und Ausfahrten hinauswinken. Egal ob Supermarkt, Modeboutique, Restaurant oder Bank. Überall wird gewunken. Den ganzen Tag. Und (fast) immer in Uniform.

Denn auf Uniformen stehen die Balinesen. Keine Ahnung warum. Nicht nur die unzähligen Winker haben welche an. Auch jeder Pförtner, jede Pseudo-Security und viele Servicekräfte. Auf den ersten Blick denkt mal „Huch, so viel Polizei“. In Wahrheit macht dieser Uniform-Wahnsinn es nur extrem schwer, zu erkennen, wer hier eigentlich wirklich was zu sagen hat und sich Polizei nennen darf.

Selbst im hinterletzten, verlassensten, ursprünglichsten Dorf, zu dem man eine halbe Stunde auf nicht-aspahltierter Straße fährt, gibt es Coca-Cola. Ich sehe den netten Vertreter richtiggehend vor mir, wie er im Laden steht, einen Kühlschrank für umsonst verspricht wenn dafür nur noch ihr Produkt verkauft wird. Und welcher Tropenbewohner sagt schon Nein zu einem geschenkten Kühlschrank?

Und es muss nicht unbedingt Cola, Sprite oder Fanta sein, die verkauft wird. Viel häufiger ist es einfaches Trinkwasser. Dass hier leider fast ausschließlich in den Händen internationaler Konzerne, wie eben Coca Cola, liegt. Danone-Wasser gibt’s hier überall.

Mie Goreng ist toll! Jedes Mal anders. Fast jedes Mal lecker. Aber nach drei Monaten freut man sich auch mal über ne Pizza. Die hier erstaunlich gut ist.

Man muss beim Fahren hier auf der Insel ständig drauf gefasst sein, dass einem Hähne, Hühner, Küken, Kinder, Affen, Hunde, Katzen, Gänse oder Ziegen in den Weg springen. Ist eben so.

Man kann alles an der Straße kaufen. Von (noch verständlichem) Obst und Gemüse zu Feuerwerk, FlipFlops und Opfergaben.

Nichts – wirklich nichts ist selbstverständlich. Auch nicht, dass Katzen einen „richtigen“ Schwanz haben. Haben die hier nämlich zum Großteil nicht. Meistens sind es halbe Schwänze, Knoten, Ecken oder Bommel, die wohl mal ein Schwanz werden sollten. Schade, denn dadurch verlieren Katz und Kater eine große Portion von ihrer Eleganz.

Bambus ist einfach für alles gut. Vor allem, wenn er 20 Meter hoch und ordentlich dick wird. Baugerüste werden hier nicht aus Metall, sondern aus Bambus gebaut. Auch ganze Häuser. Und Möbel sowieso. Und manchmal dient er einfach als Wäscheleine. Bambus ist toll.

„Some people who don’t have much are truly happy. And some people who have nearly everything are truly unhappy.“ und dieser Satz beschreibt Bali in großen Teilen auf den Punkt. Trotz all der unschönen Dinge, die ich in dieser Liste auch aufgeführt habe: der durchschnittliche Balinese lacht, lächelt und freut sich jeden Tag so sehr wie es der Deutsche wohl gerade mal im ganzen Jahr zusammenbringt.

Und außerdem: die Reisterrassen! Jedes mal anders. Jedes mal schön!