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E-Health in der Psychologie

Lesezeit: 4 minuten

E-Health in der Psychologie

Ein Gastbeitrag von Alex, unserem neuesten TtB-Team Zuwachs =) Sie studiert in Innsbruck Psychologie und interessiert sich vor allem für die Entwicklungen im digitalen Bereich rund um Mental Health. Daher hier dieser Überblick bzw. diese Einführung ins Thema.

Unpersönlich und Gefährlich? Oder doch die Zukunft der Psychotherapie? Es gibt viel Diskussion um die neuste Entwicklung der Gesundheitsversorgung – die Verbindung von Gesundheit und Technologie = E-Health.


Was ist E-Health überhaupt?

E-Health ist ein Begriff der viel verwendet und weit gespannt ist. Gemeint sind damit alle Therapiemöglichkeiten die durch Technik Gesundheit, Wohlbefinden und die Gesundheitsversorgung verbessern. Für die Psychologie spricht man genauer von E-Mental-Health. Dabei gibt es drei große Bereiche, in die die Möglichkeiten der Anwendungen aufgeteilt werden können: Selfcare, Supported Care und Public Health.

1. Selfcare

Selfcare ist der Anwendungsbereich, in dem kein Psychotherapeut oder sonstiger Experte aktiv involviert ist. Daher dient er eher der Prävention als akuten Behandlung von psychischen Krankheiten. Das bedeutet natürlich nicht, dass die Apps nicht unter professioneller Expertise entwickelt wurden.

So gibt es beispielsweise verschiedenste Apps, die Stress über Fragebögen oder biometrische Daten erfassen und dem Nutzer Tools zur Stressvermeidung oder Stressbehandlung bieten. Apps die einen ähnlichen Aufbau haben sind auch bei Krankheiten wie Depressionen oder Angststörungen recht verbreitet. Darüber hinaus fallen informative Webseiten, Entscheidungshilfen und Communities zur gegenseitigen Unterstützung auch in diesen Bereich von E-Health.

2. Supported Care

Der zweite große Anwendungsbereich ist „Supported Care“. Hier ist nicht nur der Patient aktiv involviert, sondern auch ein Experte. Zum einen ist hier die Online-Therapie ein großes Feld. Patienten können Online mit ihren Therapeuten im Video-Chat kommunizieren. Oder verschiedene Übungen, meist aus dem Bereich der kognitiven Verhaltenstherapie, ausführen. Diese können dann in einem Gespräch oder einer persönlichen Sitzung mit dem Therapeuten nachbearbeitet werden.

Darüber hinaus gibt es noch viele weitere Nutzungsmöglichkeiten, die den Therapeuten unterstützen können. Besonders viele Apps spezialisieren sich auf den Bereich Monitoring. Sie bieten eine einfache Lösung Essverhalten, Stimmungen und auch Verhaltensmuster in einem Journal festzuhalten. So kann sowohl der Therapeut als auch der Patient ein Verhalten einfach beobachten und analysieren.

3. Public Health

Als letzten Zweig gibt es noch Public Health. Dieser Bereich ist am unbekanntesten und es gibt bisher auch besonders im Bereich Mental Health wenige Beispiele. Wichtig, ist dass es hierbei um die Gesellschaft und nicht um das Individuum geht. Daher sind hier neben Patienten und Therapeuten meist auch die Regierung oder Non-Profit-Organisationen involviert.

Es geht dabei beispielsweise um die Verbreitung von Gesundheitsstandards. Beispielsweise das richtige Benutzen von Antibiotika oder die Schulung von Personal mithilfe eines Onlinetools. Oder auch die Aufklärung der Bevölkerung im Umgang mit Grippewellen.

Vorteile von E-Health

Es gibt also viele verschiedene Möglichkeiten E-Health anzuwenden. Aber das heißt natürlich noch lange nicht, dass es auch wirklichen sinnvoll ist, Therapie und die Gesundheit der Menschen mit Technologie zu verbinden. Damit ihr euch dazu ein Bild machen könnt, kommen wir nun zu den Vorteilen von E-Health und schauen später auf mögliche Probleme.

Einer der Wohl wichtigsten Vorteile digitaler Medien im Vergleich zum konventionellen Gesundheitssystem ist die viel einfachere Verbreitung der Leistungen. Unabhängig von Ort und Zeit können Patienten auf Therapie zugreifen. Und so ihren gesundheitlichen Status verbessern. Kein Warten mehr auf einen Therapieplatz. Keine Therapeutenknappheit in ländlichen Regionen stellt hier ein Hindernis dar. Das bedeutet auch, dass keine Gesellschaftsschicht abgehängt wird. Denn weder räumliche Abgeschiedenheit, körperliche Immobilität oder auch in einigen Fällen die monetäre Situation haben eine Auswirkung auf den Zugang zur Behandlung.

E-Health schafft also Gleichheit und Zugang zur Therapie. Im Zuge des Zugangs ist auch noch ein wichtiger Aspekt, dass viele Patienten sich nicht trauen in eine therapeutische Praxis zu gehen. Das Stigma um psychische Krankheiten ist internal und external oft einfach zu groß. Eine Therapie jedoch, die anonym ist und von zuhause aus stattfinden kann, ist eine weitaus geringere Barriere.

Chancen für Patienten

Des Weiteren bietet E-Mental-Health die neue Möglichkeit, den Patienten noch mehr in die Therapie zu involvieren. Er kann entscheiden wann und wo er die Therapie macht. Kann die eigenen Daten einsehen und reflektieren und ist somit viel informierter und im besten Fall engagierter. Das Engagement kann durch interaktive Übungen ohne den Therapeuten oder zum Beispiel digitale Erinnerungen an die Aufgaben und Ziele noch weiter verstärkt werden. Diesen Zugang hat ein Therapeut mit einer wöchentlichen Sitzung beispielsweise nicht.

Auch die Qualität der Therapie kann durch die Digitalisierung verbessert werden. Regulationen und Standards können einfacher umgesetzt werden. Durch den innovativen Charakter der Anwendungen werden veraltete Methoden überdacht und Raum für neue geschaffen. Was nicht bedeutet, dass bewährte Therapieformen keine Anwendungen finden. So ist beispielsweise die kognitive Verhaltenstherapie in sehr vielen Apps und Tools die Grundlage.

Als letzter Aspekt ist die Steigerung der Effizienz und Effektivität zu nennen. Diese Wörter klingen im Bezug mit der Gesundheit von Menschen zunächst fehl am Platze. Allerdings muss man diese nicht zwangsweise im Sinne von „Steigerung von Gewinn“ beleuchten. Sondern sehen, was eine vergünstigte Therapie bedeutet.

Gerade in Deutschland haben wir massive Probleme all die Menschen zu erreichen, die ein psychische Krankheit haben. Geschweige denn diese aufzuklären, die noch keine haben. Kostet eine Therapie weniger für das Gesundheitssystem und sind weniger Therapeuten involviert, schaffen wir es viel mehr Menschen zu erreichen und so die psychische Gesundheit unserer Gesellschaft zu verbessern.

Trotzdem noch lange nicht perfekt

Trotz vieler Vorteile, bergen E-Health-Anwendungen natürlich auch einige Probleme. Fehlende Nutzerzentriertheit und daraus resultierend fehlende Unterstützung der Nutzer können dazu führen, dass diese bei Übungen nicht am Ball bleiben und unmotiviert sind. Es ist sehr wichtig, dass die Entwicklung in jeglicher Hinsicht immer mit dem Fokus auf den Nutzer geschieht. Dazu gehört ein ansprechendes Design und abgestimmter Inhalt. Auch fehlendes Vertrauen in Online-Anwendungen und fehlendes technischen Verständnis führen in manchen Fällen zu fehlendem Erfolg von E-Health.

Hier ist vor allem eine ausführliche Aufklärung und Darstellung des Mehrwerts wichtig! Der Nutzer muss die Anwendung gerne ausführen. Darüber hinaus, gibt es in vielen Fällen immer noch legale Probleme und eine fehlende Standardisierung. Das führt leider auch zu unseriösen Angeboten und damit zu einer Schädigung des Rufs von E-Health. Es bräuchte hier besonders gesetzliche Regelungen und beispielsweise ein Gütesiegel, welches seriöse und klinisch getestete Angebote von unseriösen abgrenzt.

Mein Fazit:

Alles in allem ist E-Mental-Health ein sehr facettenreiches Thema, welches (noch) nicht ohne Probleme auskommt. Meiner Meinung nach ist aber die Möglichkeit so wahnsinnig viele Menschen zu erreichen, die sonst niemals Hilfe im Bereich psychischer Gesundheit kriegen würden, eine riesige Chance für unsere Gesellschaft. Psychisches Wohlbefinden muss mehr thematisiert werden und sollte jedem Menschen ermöglicht werden. Dabei ist und wird E-Mental-Health ein sehr wichtiges Werkzeug sein.

Zum Weiterlesen:

Das Aktionsbündnis Seelische Gesundheit zum Thema E-Mental-Health

Ein Artikel aus dem Ärzteblatt zum Thema

Link zum Online-Depressions Tool iFightDepression

Die Psychotanten Podcast-Folge zum Thema Online-Beratung